: Mit Wind und Sonne
Die Infrastruktur der Energiewende als Anlageoption: Eltif bietet auch Privatanlegern neue Möglichkeiten
Von Bernward Janzing
Was für ein Vorsprung! Der Aktien-Index PPVX, in dem die 30 Photovoltaikunternehmen mit dem weltweit höchsten Börsenwert gelistet sind, lag Ende Oktober um 95 Prozent höher als zum Jahresanfang.
Als Vergleichsindex zieht der österreichische Kapitalmarktexperte Max Deml – einer der dienstältesten übrigens im Sektor der nachhaltigen Geldanlage – gern den NYSE Arca Oil heran. Dieser enthält 19 große Erdöl- und Erdgas-Papiere (von BP bis Total) und nahm im gleichen Zeitraum eine ganz andere Richtung als der Index der Solarenergie: minus 58,1 Prozent seit Jahresbeginn.
Eine Momentaufnahme? Nur bedingt. Der Verlust im Geschäft mit den fossilen Energien ist zwar durchaus auch den Folgen von Corona zuzuschreiben, aber eben nicht nur. Und so stehen auch langfristig betrachtet die Erneuerbaren deutlich vor Kohle und Gas: Seit Anfang 2003 liege der PPVX mit einem Plus von 920 Prozent erheblich vor dem Erdölaktien-Index, der im gleichen Zeitraum lediglich ein Plus von 12 Prozent eingefahren habe, rechnete Deml dieser Tage vor.
Die Entwicklung überrascht nicht, wenn man sich die jüngsten Veränderungen in der globalen Energiewirtschaft betrachtet: Sonne und Wind haben im Jahr 2019 zusammen weltweit erstmals mehr Strom erzeugt als die Atomkraft – und der Vorsprung wird in den kommenden Jahren noch massiv zunehmen. Das schlägt sich dann auch in den Aktienkursen der betreffenden Unternehmen nieder.
So sind die erneuerbaren Energien derzeit ein besonders attraktiver Part jener Geldanlagen, die im Kapitalgewerbe als nachhaltig gelten. Aber auch gesamt betrachtet liegen ökologische Investments immer wieder vorne. Gerade erst hat die Stiftung Warentest den herkömmlichen Weltaktienindex MSCI World wieder mit seinem nachhaltig orientierten Pendant MSCI World SRI verglichen.
Nun bilanziert sie: „Seit einigen Jahren schon läuft der Nachhaltigkeitsindex besser.“ Allerdings mit einer Einschränkung: „Bei den Schwellenländerfonds ist das Bild nicht so eindeutig.“ Dort nämlich gab es auch nachhaltige Indexvarianten, die schlechter abschnitten. Fazit: Blind einen Fonds zu kaufen, nur weil nachhaltig draufsteht, ist nicht die Lösung.
Neben den klassischen Fonds gibt es auch immer mehr solche, die fortlaufend an der Börse gehandelt werden. Der Ein- und Ausstieg wird den Anlegern damit erheblich erleichtert. ETF heißt ein solches Konstrukt, exchange-traded fund – und auch dieses Modell gibt es längst in der ethisch-ökologischen Variante.
Unter den Angeboten am Markt empfiehlt das Fachmagazin Finanztip drei Produkte. Es sind zwei der UBS, die den bereits erwähnten Index MSCI World SRI abbilden. Darüber hinaus sei ein ETF der Marke iShares empfehlenswert, der den nachhaltig ausgerichteten Dow Jones Sustainability Index World Enlarged repräsentiert. Und doch haben viele Ökofonds einen Nachteil: Sie hängen wie die konventionellen oft sehr an der Weltkonjunktur. Daher haben auch nachhaltig ausgerichtete Fonds den Kurseinbruch im Zuge der Coronapandemie deutlich zu spüren bekommen.
Bei der Frage, wie man sich von der Konjunktur am besten abkoppelt, ist immer ein Aspekt besonders wichtig: Investiert man in eine produzierende Firma oder in Anlagen und sonstige Infrastruktur? Schließlich sind die Erträge der Herstellerfirmen zumeist konjunktursensibler als Investitionen in konkrete Projekte. Bei der Photovoltaik war dieser Unterschied in den letzten 20 Jahren deutlich. Wer in Solarfirmen investierte, konnte einerseits enorme Kursgewinne einfahren, aber auch empfindliche Verluste erleiden. Wer hingegen sein Geld in eine Solarstromanlage steckte, hatte eine besser planbare Rendite.
So rückt die Infrastruktur speziell in Krisenzeiten ins Blickfeld. Zumal es auch für private Investoren inzwischen eine ganz neue Option des Investments in diesem Sektor gibt: In der EU sind seit 2015 Finanzkonstruktionen mit dem Namen Eltif (European Long-Term Investment Fund) zugelassen. Sie sollen Privatanlegern die Möglichkeit geben, Kapital zum Beispiel in Infrastrukturprojekte zu investieren, weil diese „weniger anfällig für Systemrisiken und widerstandsfähiger in Krisenzeiten“ seien, wie etwa die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner erklärt.
Ein entsprechendes Produkt präsentierte unter dem Namen Klimavest in diesen Wochen die Commerz Real, der Vermögensverwalter der Commerzbank: Der täglich handelbare Fonds investiert in unterschiedliche Arten der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien, aber auch in die Netze. Das verspricht viel Sicherheit. Der Nachteil: Ausgabeaufschlag und Managementvergütung fressen Rendite.
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