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Hygiene on Ice

Bestens getestet gehen die deutschen Skeletonis in die Weltcup-Saison. Die Angst, symptomfrei in Quarantäne geschickt zu werden, ist dabei weitaus größer als die, ernsthaft zu erkranken

Von Andreas Rüttenauer

Es sei schon etwas Besonderes, auf der Heimbahn zu gewinnen. Das sagte Alexander Gassner am Tag nach den Deutschen Meisterschaften der Skeletonis auf der Bob- und Rodelbahn in Winterberg. Thomas Schwab, der Vorstandschef des Bob- und Schlittenverbands für Deutschland (BSD), geht optimistisch in die Saison vor den Olympischen Winterspielen in Peking 2022. Skeletonweltmeister Christopher Grotheer, Zweiter bei den nationalen Titelkämpfen, meinte, er sei auf gutem Weg nach seiner Verletzung und auch mit seinem neuen Schlitten komme er schon ganz gut zurecht. Ein paar Sätze aus der Videopressekonferenz des BSD zur Saisoneröffnung am Montag hörten sich fast schon an, als stehe man vor einer ganz normalen Saison.

Doch die Coronapandemie hat schon vor dem ersten internationalen Wettbewerb diese Saison fest im Griff. Ende der Woche fliegt das Team nach Lettland, wo auf der Kunsteisbahn von Sigulda der Weltcup eröffnet werden soll. Davor wird jedes Delegationsmitglied noch einmal auf das Virus getestet. In Lettland ist das Team in verschiedene Einheiten aufgeteilt, sodass eventuelle Infektionsketten so kurz wie möglich sind. Dann wird noch einmal getestet, bevor am Ende der Folgewoche der Weltcup ansteht. 100.000 Euro koste das Testprogramm, erläutert BSD-Geschäftsführer Schwab. 1.000 Tests seien in den Bereichen Bob-, Rodel- und Skeletonsport schon durchgeführt worden. All das sei mit dem für die olympische Spitzensportförderung zuständigen Bundesinnenministerium abgesprochen. Jüngst sei man auf die Schnelltests umgestiegen, mit denen man auch in der Saison arbeiten werde.

Auch Schwab spricht von den kleinen Einheiten, in die das Team aufgesplittet worden sei, sodass man im Falle eines positiven Tests so wenig Beteiligte wie möglich in eine zweiwöchige Quarantäne schicken muss. Derartige Hygienemaßnahmen, der Ausschluss von Zuschauern bei den für die Finanzierung des Verbands so wichtigen Rennen in Deutschland und das Testregime sind für den BSD gewiss Belastungen. Der Verband tut alles, um so über den Winter zu kommen. Das Wichtigste für den BSD ist die TV-Präsenz, auch das stellt Schwab klar. Nur da könne man den Sponsoren zu Sichtbarkeit verhelfen.

Welch Privileg es ist, symptomfreie Sport­le­r:innen regelmäßig auf das Coronavirus testen lassen zu können, wird den Beteiligten klar sein. Angst vor Covid-19 gibt es dabei kaum. Skeletonbundestrainer Christian Baude rechnet mit weitgehend symptomfreien Verläufen, sollte jemand aus dem Team positiv getestet werden. Die Angst liegt woanders. Felix Keisinger, der im vergangenen Jahr der bestplatzierte Deutsche in der Weltcupgesamtwertung war, sagte: „Wenn wir extrem viele Tests haben, erhöht das die Gefahr, dass man erwischt wird.“ Es könne einen „raushauen“, auch wenn man gar keine Symptome habe. Positiv stimmt ihn sein Eindruck, dass sich alle im Team sehr streng an die geltenden Hygieneregeln halten.

Beim Weltcup in Sigulda wird man auch am Feld der Teilnehmenden merken, dass diese Saisoin alles andere als normal verlaufen wird. Aus den USA werden keine Sportler:innen nach Lettland reisen. Und wenn im Februar die Skleleton- und Bob-WM im sächsischen Altenburg stattfindet, wird man sich daran erinnern, dass die Titelkämpfe eigentlich in Lake Placid in den USA hätten stattfinden sollen. Weil sich die Coronapandemie in den USA besonders stark verbreitet, hatte der Weltverband schon Mitte September beschlossen, das Event nach Sachsen zu verlegen.

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