heute in bremen: „Frauen machen die AfD ‚menschlicher‘“
Eva Schindele, 69, ist promovierte Sozialwissenschaftlerin, Autorin mehrerer Sachbücher und freie Wissenschaftsjournalistin.
Interview Alina Götz
taz: Frau Schindele, es geht heute Abend um rechte Geschlechterbilder. Wie sehen die aus?
Eva Schindele: Sehr ambivalent. Es gibt in rechten Strukturen durchaus kämpferische Frauen, aber das traditionelle Bild der biederen Hausfrau und Mutter ist weit verbreitet. Von konservativen Geschlechterbildern unterscheiden sich rechte vor allem durch das heroische, aggressive Männerbild. Der Mann kämpft und wäscht natürlich nicht das Geschirr ab oder wechselt die Windeln.
Wie passt es zusammen, dass Frauen durchaus auch mal Führungskräfte in rechten Parteien sind, aber programmatisch nicht für Gleichberechtigung, sondern traditionelle Rollenbilder einstehen?
Das habe ich mich auch oft gefragt. Wie passt so eine Frau Weidel in die AfD? Die Frauen erfüllen da einfach eine wichtige Rolle. Sie zeigen: Guck mal, wir sind progressiv. Sie zeichnen ein friedfertigeres und ansehnlicheres Bild der AfD und werden daher gern nach vorne geschoben. Aber nicht mal zehn Prozent der Bundestagsabgeordneten der AfD sind Frauen. Und sie müssen sich anpassen. Alle, mit denen ich gesprochen habe, haben sich vom Feminismus abgegrenzt und Männer in Schutz genommen. Solange sie das tun, können sie Teil der Rechten sein – aber sich selbst als eigene Frauengruppe in der AfD zu organisieren geht nicht.
Sie haben mit rechten Frauen gesprochen?
Ja, das war mir wichtig, ein nüchterner Blick auf die Neue Rechte, ohne zu dämonisieren. Es war teils schwierig, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Ursprünglich wollte ich auch mit den jungen Frauen der „Identitären“ sprechen, weil die sich als die neuen Feministinnen ausgeben. Aber die wollten nicht mit mir reden, da ich vom WDR – in ihrem Sprech vom Staatsfunk – komme. AfDlerinnen, zumindest westdeutsche, waren dagegen eher gesprächsbereit. Die Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst zum Beispiel habe ich zweimal mehrere Stunden lang interviewt.
Und was sagen die Frauen selbst, warum sie sich die AfD geben, wo doch die Geschlechterbilder so altbacken sind?
Bremer Hörkino mit dem Radiofeature „Die Frauen der Rechten – Über Geschlecht und Ordnung“ (WDR 2020) von Eva Schindele, 20 Uhr, Kwadrat
Das Verbindende ist vor allem die Fremdenfeindlichkeit. Sie legen ganz viel Wert auf deutsche Kultur und wollen keine vielfältigere Gesellschaft. Höchst zum Beispiel ist sehr leistungsorientiert; sie ist vierfache Mutter, hat ihr Leben lang gearbeitet und kritisiert dass sich unsere Gesellschaft viel zu sehr an den Schwachen orientiert.
Da verzichtet frau schon mal auf ein modernes Frauenbild.
Frauen machen die AfD „menschlicher“ – sagt Frau Höchst. Sie meinte auch, wir hätten schon längst Gleichberechtigung. In den Sozialen Medien, über die ich viele Kontakte aufgebaut habe, sieht man ganz gut die Rolle, die Frauen zugedacht wird. Sie sind oft Covergirls, um männliche Interessenten anzulocken. Aber die Frauen spielen da eben auch mit.
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