Barbara Dribbusch über Eigenanteile in der Pflege
: Keine falschen Hoffnungen

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht, was Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und seine angekündigten „Deckelungen“ in der Pflege betrifft. Erst die gute: Die Eigenanteile für die Pflege, die HeimbewohnerInnen aufbringen müssen, sollen auf 700 Euro im Monat begrenzt werden. Alles, was darüber hinaus an höheren Pflegekosten kommt, soll aus Steuermitteln finanziert werden.

Diese Deckelung ist gut, denn dann passiert nicht, was man in den vergangenen Monaten erlebte: Jede Erhöhung der Löhne wurde sofort auf die BewohnerInnen umgelegt. Deren Eigenanteile stiegen und damit gerieten viele SeniorInnen unter Druck, obwohl sich doch durch die höheren Löhne die Arbeitsbedingungen ihrer PflegerInnen etwas besserten. Diese unschöne Koppelung wird gekappt. Gut so.

Jetzt die schlechte Nachricht: Viele SeniorInnen werden von der Deckelung womöglich gar nichts haben. Denn in manchen, besonders den östlichen Bundesländern liegen die Pflegeeigenanteile unter den 700 Euro, da bringt die Deckelung nichts, wenn sie nicht regional ausgestaltet wird. Außerdem machen die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen zwei Drittel der Heimgebühren aus und daran ändert sich nichts. Insgesamt kostet ein Heim im Schnitt gut 2.000 Euro an Eigenanteil. Die Angst, durch den Heimaufenthalt das Vermögen verbrauchen zu müssen und dann ein Fall für die Sozialhilfe zu werden, wird also kaum gebannt.

Wir werden allerdings durch den Spahn’schen Vorstoß eine notwendige Verteilungsdebatte bekommen. Nicht nur, dass womöglich sehr wohlhabende Pflegebedürftige von der Deckelung ausgenommen werden, wie es die SPD zu Recht fordert und wie es bürokratisch aber nur aufwendig umsetzbar ist. Die sechs Milliarden für die Pflegereform müssen überdies aus Steuermitteln irgendwo abgeknapst werden. Jede individuell noch so geringe Verbesserung kostet viel, weil die Pflege die aufwendigste und teuerste Dienstleistung ist, die es gibt in unserer gebrechlichen Gesellschaft. In diesen Spiegel müssen wir schauen, mit Realismus.

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