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Mehr als nur ein Gnadenbrot

Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern errichten Zentren, um alten Menschen in Ernährungsfragen zu helfen

Mecklenburg-Vorpommern will als erstes ostdeutsches Bundesland für die Ernährungsberatung von Senioren eine sogenannte Vernetzungsstelle einrichten. Wie in Niedersachsen befindet sich die Einrichtung dort seit April im Aufbau.

Gefördert wird die Initiative in beiden Fällen vom Bund: Während der mecklenburg-vorpommersche Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) in Berlin dafür Ende August einen Zuwendungsbescheid über 280.000 Euro abholen durfte, erhielt seine niedersächsische Kollegin Barbara Otte-Kinast die Zusage von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (beide CDU), dass während der Gründungsphase bis 2023 aus dem Etat des Bundeslandwirtschaftsministerium 443.000 Euro in das niedersächsische Projekt fließen sollen.

„Wir wollen die Ernährungskompetenz bei Seniorinnen und Senioren fördern und die Arbeit von pflegenden Angehörigen in dieser Frage unterstützen“, erläuterte Otte-Kinast: „Aber auch die Qualität der Verpflegung in Senioreneinrichtungen verbessern.“

Die Vernetzungsstellen sollen Beratung anbieten und Wissen vermitteln – für die Verantwortlichen in der häuslichen Umgebung ebenso wie für stationäre Einrichtungen oder mobile Menüdienste. Die Vernetzungsstellen sind bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) angesiedelt und eine wird seit April 2020 in Schwerin aufgebaut. Im Nordosten gibt es ähnliche Einrichtungen bereits für die Schulverpflegung und die Kita-Verpflegung.

Die neue Vernetzungsstelle solle Ansprechpartner sein für alle Belange rund um eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung und die Verpflegung älterer Menschen, erklärte Backhaus. Derzeit wird analysiert, worauf aufgebaut werden kann, was benötigt wird und welche Partner mit ins Boot genommen werden können. Die Einrichtung soll durch Schulungen, Weiterbildungen und Informationen die Ernährungskompetenz ­älterer Menschen verbessern, aber auch die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen und von „Essen auf Rädern“.

Leistungsfähigkeit und körperliches Wohlbefinden bis ins hohe Alter zu erhalten, sei von großer Bedeutung, hieß es. Eine zentrale Rolle spiele dabei die Ernährung. Wegen körperlicher, krankheitsbedingter oder sozialer Veränderungen und Beeinträchtigungen bestehe bei älteren Menschen die Gefahr einer Mangelernährung. Etwa jeder fünfte Senior habe Kaubeschwerden, 16 bis 22 Prozent der Menschen über 55 Jahre leiden laut DGE an Schluckstörungen. 84 Prozent der 70- bis 80-jährigen Männer und 74 Prozent der Frauen dieser Altersgruppe sind übergewichtig. Eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung könne das Risiko für Demenz verringern und ihr Fortschreiten verlangsamen.

Klöckner sagte: „Mit den Vernetzungsstellen nehmen wir die besonderen Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren in den Blick.“ In dieser Altersgruppe spiele das Essen auch mit Blick auf soziale Teilhabe eine entscheidende Rolle. (epd/taz)

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