piwik no script img

Briketts aus Wasserpflanzen

Alternative zum Holz: Wie man aus den überhandnehmenden Wasserhyazinthen im Victoriasee Nützliches herstellen kann

Reiche Ernte: Emmanuel Misango sammelt Schwimmpflanzen ein Foto: Sumy Sadurni

Mit gezielten Paddelstößen steuert Emmanuel Misango sein knallrotes Kajak durch das Gestrüpp. Sobald sein Boot von den gummiartigen Schwimmpflanzen umzingelt ist, steht er vorsichtig auf und zieht an einer Hyazinthe. Da die Wurzeln ineinander verschlungen sind, hievt Misango mit einem Mal eine gewaltige Ladung Pflanzen aus dem Wasser. Er lädt sie auf sein Kajak, bis er selbst darauf kaum mehr Platz findet. Dann paddelt er zurück zum Landesteg. Die grüne Plage an Bord wird für Misango und seine Kollegen nun zum wertvollen Rohstoff, der ihnen in Coronazeiten ein Einkommen ermöglicht.

Der 24-Jährige arbeitet seit zwei Jahren als Sicherheitschef bei Kayak the Nile, einem Tourismusunternehmen im ugandischen Jinja. In der Coronakrise bleiben die Gäste aus, die sonst jährlich zu Tausenden an die Nilquelle von Jinja reisen, um von hier aus mit den Kajaks über die Stromschnellen zu donnern. Sam Ward, der britische Chef von Kayak the Nile, musste sich etwas einfallen lassen. „Die Idee ist quasi aus der Not geboren“, erzählt er.

So wie Misango schwärmen jetzt täglich die Touristenführer mit den Kajaks aus und ernten Hyazinthen. Die Pflanzen werden in der Sonne getrocknet und zu feinem schwarzem Staub verkohlt, aus dem man mithilfe eines Bindemittels Briketts formen kann, die zum Kochen verfeuert werden können: Hyazinthenkohle. Der Vorteil: Sie brennt länger und raucht weniger als Holzkohle.

„Unsere Idee löst viele Probleme auf einen Schlag“, erklärt Ward. Denn neun von zehn ugandischen Hausfrauen kochen immer noch auf Holzkohleöfen. Uganda verliert seine Wälder, der Boden erodiert und spült in den See. Hyazinthenkohle schont Ugandas Wälder, säubert den See und bringt armen Haushalten eine neue Energiequelle – alles auf einmal.

Ward will Jugendliche aus über 1.000 Dörfern entlang des Sees trainieren, die Hyazinthen zu Brennstoff zu verarbeiten. „Vielleicht können wir mit einer nachhaltigen Nutzung dieser Pflanzenplage langfristig auch den See retten.“

Simone Schlindwein

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen