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Der Deal des Senats mit dem Karstadt-Eigner Signa könnte Berlin eine neue Dynamik beim Bau von Hochhäusern bescheren. Sogar ein Überbietungswettbewerb zwischen Alexanderplatz und der City West ist denkbar

Hochhäuser am Potsdamer Platz aus der Vogel­perspektive: links oben spitz das Piano-Hochhaus (70 Meter), rot oben in der Mitte der Kollhoff-Tower (101 Meter), rechts das Hochhaus der Deutschen Bahn (103 Meter). Ganz rechts die zwei 70 Meter hohen Gebäude des Beisheim Centers Foto: Foto:Philip Spalek/laif

Von Uwe Rada

Es muss sich bloß am Potsdamer Platz umschauen, wer wissen will, welch kümmerliches Dasein Hochhäuser in Berlin bislang fristeten. Der gläserne Bahntower von Helmut Jahn, der schmale Kollhoff-Tower und der Turm von Renzo Piano simulieren an diesen ohnehin artifiziellen Ort seit 1999 ein wenig Manhattan und schafften es doch nicht, wenigstens in Frankfurt am Main Beachtung zu finden.

Berlin blieb also auch nach der Wende die Stadt der Gründerzeitbebauung und der Traufhöhen, eine Hochhausstadt wurde es nicht. Wahrscheinlich konnte es auch deshalb eine „europäische“ Stadt bleiben, weil der Wachstumsdruck bei Weitem nicht so stark war wie angenommen. Hochhäuser in Berlin, so schreibt es der Architekturkritiker Bernhard Schulz, seien eine „Phantomdebatte“.

Am Alexanderplatz nimmt das Phantom nun aber Gestalt an. Jüngstes Beispiel ist der Deal des rot-rot-grünen Senats mit dem Karstadt-Eigner Signa. Der will nicht nur am Hermannplatz das Karstadt-Gebäude von 1929 rekonstruieren, sondern auch Hochhäuser bauen. Eines davon soll neben Galeria Kaufhof in die Höhe wachsen. Der Senat verspricht Signa in dem Deal Baurecht gegen den (mittelfristigen) Erhalt von vier Karstadt-Filialen. Es könnte also bald losgehen mit dem Bau des Hochhauses an der Karl-Liebknecht-Straße.

Schon losgegangen ist es am Einkaufszentrum Alexa. Dort baut der russische Investor Monarch den Alexander Capital Tower, Berlins größtes Hochhaus mit einer Höhe von 150 Metern. Das Besondere daran: Das Gebäude mit 35 Stockwerken wird ein Wohnturm. Damit setzt der Alexanderplatz gleich zweimal einen Trend. Als ein „Hochhaus-Dornröschen“, das endlich aus dem Schlaf erwacht – und als Standort für ein neues Hoch-hinaus beim Wohnen. Auf einer Höhe von 65 Metern hat das „Grandaire“ in der Alexanderstraße vorgemacht, wie es geht.

Die nächsten Türme stehen schon in Habachtstellung. Neben dem Park Inn arbeiten derzeit die Abrissbagger. Die Alex-Oase ist schon weg. Der französische Investor Covivio will an dieser Stelle ein weiteres Hochhaus errichten. Die Baugenehmigung ist da, auch die Primark-Filiale wird künftig in das neue Projekt einziehen. Einzig das Hines-Hochhaus neben Saturn steht derzeit in den Sternen. Die Linke will auf den Turm des Architekten Frank Gehry sogar ganz verzichten.

„Vertikale Verdichtung“

Berlin geht also hoch hinaus. Aber vielleicht ist der Alex nur der Schlusspunkt einer Entwicklung, die zuvor in der City West begonnen hat. Auch da hat es lange gedauert, bis das Zoofenster und das Upper West fertiggestellt wurden. Auch wenn der vom Architekten Christoph Langhof vorgeschlagene, über 200 Meter hohe Turm auf dem Hardenbergplatz wohl nur Entwurf bleiben wird, gehen die Planungen für die „vertikale Verdichtung“ rund um den Breitscheidplatz weiter. So stellten Grundstückseigentümer und Bezirk jüngst eine „Charta“ für die City West vor, die weiteren Hochhäusern den Weg ebnen könnte. Die Linke spricht von einer „Tradition des West-Berliner Baufilzes“. Die Grünen im Bezirk verteidigen das Vorgehen.

Auch in der City West könnte Signa eine treibende Rolle spielen. Zwar hat das Baukollegium von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher die drei geplanten Hochhäuser auf dem Karstadt-Gelände zwischen Ku’damm und Augsburger Straße abgelehnt. Werden sie wie im Signa-Deal vereinbart aber genehmigt, könnte das der Durchbruch für weitere Hochhäuser sein. Die Investoren stehen bereits in den Startlöchern.

Und es ist gut möglich, dass sich dann auch ein Überbietungswettbewerb um die meisten und höchsten Türme zwischen Alexanderplatz und City West einstellen kann.

Beinahe unbemerkt davon hat sich in der Vergangenheit die Spree als ein Hochhaus-Cluster entwickelt. Dort wird demnächst mit dem Bau des Edge East Side begonnen. Dieser 140 Meter hohe „Amazon Tower“ an der Warschauer Brücke soll 2023 fertig sein.

Zwar bleibe Frankfurt am Main das Mekka der Hochhäuser in Deutschland, urteilte kürzlich erst das Handelsblatt, doch „Berlin holt auf“.

Hochhauspläne

am Alexanderplatz 44–45