Verschärfte Corona-Auflagen in Berlin: Nicht mehr als 50 sollt ihr sein

Der Senat beschränkt private Feiern auf 50 Teilnehmer draußen und 25 drinnen. Auch die Maskenpflicht für Büro- und Verwaltungsgebäude ist beschlossen.

Weniger feucht-fröhhlich sollen private Feiern unter Corona-Auflagen ausfallen Foto: dpa

BERLIN taz | In Berlin sind ab Samstag private Feiern nur noch eingeschränkt möglich: Im Freien sind maximal 50 Teilnehmer erlaubt, drinnen höchstens 25. Ab zehn Teilnehmern ist eine Namensliste zu führen. Das hat der rot-rot-grüne Senat am Dienstagabend wegen der stark gewachsenen Corona-Infektionszahlen beschlossen. Leichtigkeit und Leichtsinn des Sommer seien vorbei, sagte Vize-Regierungschefin Ramona Pop (Grüne) in einer Pressekoferenz am Dienstagabend, „wir müssen verhindern, dass es zu einem zweiten, wieder flächendeckenden Lockdown kommt.“

Private Feiern gelten, weil oft mit viel Alkohol verbunden, als ein Hauptgrund für den Anstieg. Zudem gibt es eine Maskenpflicht in Büro- und Verwaltungsgebäuden, wann immer Mitarbeiter nicht an ihrem Schreibtisch sind. Die Berliner Landesregierung ging damit deutlich über das hinaus, was am Nachmittag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die 16 Bundespräsidenten als Leitlinien vereinbart hatten.

Deutlich weniger Teilnehmer bei privaten Feiern oder nicht? Das war die entscheidende Frage, vor der der Senat am Dienstagabend stand, als er kurz nach dem Corona-Gipfel zum zweiten Mal an diesem Tag zusammen saß. Vormittags hatten die Senatsmitglieder bereits beschlossen, dass corona-geschädigte Mieter in landeseigenen Wohnungen bis Jahresende weiterhin eine Stundung von Mietrückständen oder sogar den Verzicht beantragen können.

Kanzlerin Merkel (CDU) war dem Vernehmen nach mit dem Vorschlag einer Obergrenze von 25 Personen in die Absprache mit den Ministerpräsidenten gegangen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Dort einigte man sich auf eine Obergrenze von 50 Teilnehmern bei Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen. Für private Räume soll es keine Vorschriften geben, lediglich die dringliche Empfehlung, mit nicht mehr als 25 Teilnehmern zu feiern.

Obergrenze schon länger im Gespräch

Diese Einschränkungen gelten anders als in Berlin aber erst, wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Menschen gibt. Steigt dieser Wert auf 50, sinkt die Obergrenze auf 25 Teilnehmer, für private Feiern sind dann maximal zehn Teilnehmer „dringlich empfohlen. In Berlin lag dieser Wert am Dienstagabend bei 28,9, leicht über dem Vortagswert von 28,7. Alle anderen Bundesländer hatten in dem am Dienstagmorgen vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten Länderüberblick niedrigere Zahlen, auch die anderen Stadtstaaten Hamburg (22,8) und Bremen (23,7).

Schon nach der zuvor jüngsten Besprechung der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin Ende August hatte es im Senat Diskussionen über eine Obergrenze bei privaten Feiern gegeben. Am Ende blieb es aber bei der Festlegung, nach der generell in geschlossenen Räumen seit dem 1. September 750 Menschen – zuvor 500 – und nach bisheriger Beschlusslage ab dem 1. Oktober sogar 1.000 Menschen zusammenkommen dürfen. Draußen sind maximal 5.000 Teilnehmer erlaubt.

„Wir unterscheiden nicht zwischen kommerziellen Veranstaltungen und Familienfeiern“, sagte Regierungschef Michael Müller (SPD) damals. Als Neuerung gab es bloß, dass auch in Privaträumen ein schriftliches Hygienekonzept vorhanden sein muss, sobald mehr als 50 Menschen zusammen feierten.

Das Nachbarland Brandenburg hingegen, mit dem sich Berlin eigentlich eng abstimmen wollte, hat auf Drängen von Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) zum 5. September festgelegt, dass bei Feiern in Privaträumen maximal 75 Menschen zusammenkommen dürfen.

Schutz für Mieter wird verlängert

Regierungschef Müller hatte bereits vor der ersten Senatssitzung am Dienstagmorgen in einem Interview die Ordnungsämter berlinweit zu mehr Konsequenz gedrängt: Nach seinen Zahlen wurden bislang nur fünf Prozent der Bußgelder für Verstöße gegen die Coronaregeln eingetrieben, die die Polizei zuvor verhängte. „Da ist noch Luft nach oben“, sagte Müller.

Am Dienstagmittag berichtete Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linkspartei) vor Journalisten, dass Mieter bei landeseigenen Wohnungsgesellschaften nicht auf der Straße stehen sollen, wenn sie coronabedingt Zahlungsschwierigkeiten haben und die Miete nicht aufbringen können. Die Landesregierung habe eine Regelung bis Jahresende verlängert hat, die Coronageschädigten die Angst vor einem Wohnungsverlust nehmen soll.

Bislang waren dazu bei Scheels Senatsverwaltung 1.546 Anträge auf Mietstundung eingegangen. Von Gewerbemietern gab es 731 Anträge auf Stundung und 309 auf Mieterverzicht, die von den landeseigenen Wohnungsgesellschaften nach seinen Zahlen fast durchweg genehmigt wurden.

Die am Montag kolportierte Senatssschelte der Kanzlerin, wonach beim Thema Corona in Berlin „was passieren“ müsse, spielte laut Scheel in der vormittäglichen Senatssitzung keine Rolle. Er kenne auch kein Zitat von Merkel, sondern habe nur gehört, dass sie in einer CDU-Besprechung etwas gesagt haben soll, sagte Scheel. Weil die Kanzlerin sich bislang in dieser Hinsicht zurückhaltend geäußert habe, „würde ich eher auf eine Fehlinterpretation setzen“.

Senat mit sich zufrieden

Müller wies später Kritik an der Hauptstadt ebenfalls zurück und sagte am Abend mit Blick auf den Corona-Gipfel: „Es ist von allen Ministerpräsidenten festgehalten worden: Berlin spielt hier keine Sonderrolle. Im Rahmen der Infektionsdynamik in den Großstädten haben wir natürlich jetzt auch besondere Vorkommnisse.“ München, Köln oder Frankfurt hätten ebenso hohe oder höhere Zahlen wie Berlin, das zugleich Großstadt und Bundesland ist.

Weil die anderen Ländern nun ebenfalls mit einem Früh-Warnsystem wie der Berliner Corona-Ampel arbeiten würden, sagte Vize-Regierungschef Klaus Lederer (Linkspartei): „Schön, dass die anderen Bundesländer da jetzt nachziehen.“ Es habe sich in den letzten Tagen manchmal so angehört, „als bräuchten wir Belehrungen – aber ich glaube, die heutigen Ergebnisse zeigen, dass wir ziemlich gut waren in der Vergangenheit.“

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