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Turbulenzen auf dem Markt

Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern sind von niedrigen und sich sprunghaft verändernden Weltmarktpreisen betroffen. Die Coronapandemie führt zu Ernteausfällen

Von Helke Diers

Wäre der Kaffeemarkt in Deutschland eine Torte, würde vom Anteil des fairen Kaffees niemand satt: Nur rund 5 Prozent des Kaffeeumsatzes in Deutschland wird mit fair gehandeltem Kaffee erreicht, so das Forum Fairer Handel.

Und doch ist der Kaffee das wichtigste Produkt im fairen Handel, sagt Kleber Cruz Garcia, Einkaufsmanager für Kaffee bei der Gepa. Das große Fairtrade-Unternehmen macht nach eigenen Angaben rund 44 Prozent des jährlichen Umsatzes mit Kaffee.

166 Liter des Heißgetränks trinkt laut Deutschem Kaffeeverband jeder Deutsche im Schnitt pro Jahr. Zu Beginn der Coronapandemie ist der Konsum nochmals leicht angestiegen. Von der Plantage bis in die Tasse hat der Kaffee einen weiten Weg zurückgelegt. Auf Kaffeebäuer*innen, Genossenschaft, Exporteur*innen und Händler*innen in den Erzeugerländern folgen Einkäufer*innen, Röster*innen und der Handel in Deutschland. „Der Markt ist hart umkämpft“, sagt Cruz Garcia. Die globalen Preise schwanken seit Jahren erheblich, bestätigt auch Klaus Kruse vom FFH.

An den Produktionskosten der Bäuer*innen ganz zu Anfang der Produktionskette ändert die Auf- und Abbewegung nichts. „In normalen Zeiten müssen die Kaffeebauern einen Preis von ungefähr 180 US-Dollar bekommen, um über die Runden zu kommen“, sagt Cruz Garcia und bezieht sich auf Einheiten von 100 amerikanischen Pfund (45,36 Kilo) der braunen Bohnen. „Corona kam in einer Zeit, als die Preise ohnehin schon richtig im Keller waren.“ Lediglich 102 US-Dollar sind in diesem Frühjahr gezahlt worden. „Das ist gerade so viel, dass man nicht verhungert“, so Kruse. „Seine Kosten decken kann damit kaum jemand.“ Die wertbereinigten Preise im normalen Handel seien kaum mehr wert als zur Kaffeekrise Ende der 1990er Jahre.

Die weltweite Pandemie hat auch Auswirkungen auf die Bäuer*innen in den Erzeugerländern. „Corona trifft praktisch auf Staaten, die eine Grundversorgung der Menschen nicht garantieren können“, sagt Cruz Garcia. „Die staatlichen Institutionen sind schwach, das Gesundheitswesen prekär, der informelle Sektor extrem groß.“ Es fehle an Versicherungen und Anbindung an das Rechtssystem. Weltweit arbeiten nach Zahlen der ILO über 60 Prozent der Menschen in informellen Wirtschaftssektoren, also fast immer ohne Sozialversicherung, Arbeitsschutz und Kündigungsschutz.

Die Kaffeegenossenschaften stießen genau in diese Lücke und übernähmen eine aktive Rolle im Pandemiemanagement, so Cruz Garcia: „Die Genossenschaften leisten eine wichtige Arbeit, um die Gemeinden zusammenzuhalten, dass keine Panik ausbricht. Es geht nicht darum, dass die Bauern Angst haben vor der Krankheit. Sondern dass sie nichts haben, womit sie die Krankheit bekämpfen können. Die Genossenschaften verteilen Lebensmittel, informieren über die Krankheit, organisieren die Ernte und den Transport der Bohnen.“

Mit Transport und Ernte hakte es zu Beginn der Pandemie. Cruz Garcia berichtet von fehlenden Arbeitskräften, die nicht durch die Gemeinden reisen konnten. Selbst organisierte Quarantäneeinrichtungen der Bauernvereine hätten den Produktionsprozess verzögert, dabei seien reife Kaffeekirschen ungeerntet von den Bäumen gefallen. „Die Lieferketten haben nicht richtig funktioniert“, berichtet er. Die Container seien in China stehen geblieben und hätten in anderen Teilen der Welt nicht zur Verfügung gestanden. Kurzfristig seien die Preise für Rohkaffee wieder gestiegen – und nun wieder im Keller. Von den niedrigen Preisen weniger betroffen seien die großen Kaffeenationen. Dort wird viel Arbeit durch pandemieresistente Maschinen verrichtet.

Die großen Player auf dem Weltmarkt sind Brasilien, Vietnam und – abgeschlagen – Kolumbien. Von diesen drei importieren die Länder der EU laut International Coffee Organization (ICO) den meisten Kaffee. „Ohne die geht praktisch nichts“, sagt Cruz Garcia.

Auch der Klimawandel verändert die Anbaubedingungen der Bäuer*innen: „Stark schwankende Niederschläge, Flussübertritte, plötzliche Starkregen und Trockenheit. Es gibt grundsätzlich eine Unzuverlässigkeit des Klimas“, beschreibt Kruse die Lage. „In manchen Regionen Perus ist der Kaffeeanbau unheimlich schwierig geworden.“

Den Preis für Kaffee sehen sowohl Kruse als auch Cruz Garcia als entscheidend für die Lage der Kleinbäuer*innen. „Langfristig muss der Preis so hoch werden, dass es sich lohnt anzubauen. Wir werden in fünf bis zehn Jahren Probleme bekommen: Die jungen Menschen wollen nicht mehr als Kaffeebauern arbeiten. Es gibt eine enorme Landflucht“, sagt Kruse. Auch Cruz Garcia setzt auf eine Ausweitung des fairen Handels: „Was erwarten die Kooperativen von uns? Sie brauchen langfristige Absatzmärkte und Abnahmegarantien.“

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