: Wenn einfach alles schief geht
Niedersachsen muss seine Pflegekammer auflösen
Selbst das Ende zieht sich. Niedersachsens ungeliebte Pflegekammer steht vor der Abwicklung. Aber weil das genauso Neuland ist wie die Errichtung einer solchen Kammer es war, gibt es auch dabei noch ein paar Fragezeichen. Was passiert zum Beispiel mit den 34 Beschäftigten der Kammer? Es werde geprüft, ob man ihnen eine Beschäftigung im Landesdienst anbieten könne, hieß es im Sozialausschuss des Landtages.
Unklar ist auch noch das Ausmaß des finanziellen Schadens: Aktuell steht die Kammer mit 3,4 Millionen Euro bei den Banken in der Kreide. Weitere Verbindlichkeiten aus Mietverträgen und Sonstigem sind aber wahrscheinlich. Dazu müssen immer noch Mitgliedsbeiträge zurückgezahlt werden. Im aktuellen Landeshaushalt sind aber auch noch sechs Millionen Euro für die Kammer eingeplant.
Rückblickend waren es wohl das, was der Kammer das Genick gebrochen hat: Die Pflegekräfte verstanden nicht, warum sie zur Mitgliedschaft in einer Vereinigung gezwungen wurden, deren Nutzen erst einmal völlig unklar war. Als dann auch noch die Beitragsrechnungen eintrudelten und von allen erst einmal die Höchstbeiträge eingefordert wurden, es sei denn sie bewiesen, dass sie weniger verdienten, war der Ofen aus.
Die Gegner der Kammer hatten damit leichtes Spiel. Und von denen gab es nicht wenige: Wirtschaft, Verbände, Gewerkschaften, Parteien. Selbst unter den rot-grünen Initiatoren der Kammer hielt zum Schluss nur noch eine Minderheit an dem verkorksten Projekt fest. Es war einfach zu viel, zu viele Pannen bei der Mitgliedererfassung und Beitragsabrechnung, zu viele Personalquerelen.
Am Ende bekam man nicht einmal die Umfrage zur Zukunft der Kammer unfallfrei über die Bühne. Da gab es Datenpannen und schlecht formulierte Fragen, Klagen vor Gericht und eine geringe Beteiligung.
Die geordnete Rückabwicklung erfordert nun ihrerseits Gesetzesänderungen und Einiges an Verwaltungsarbeit. In diesem Jahr werde das nichts mehr, heißt es aus dem Ministerium. Nadine Conti
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