: Garten-Nazis können einpacken
In Kleingartenvereinen gibt es immer wieder Ärger um die Reichsflagge. Zu lösen ist er über die Satzung
Von Regina Seibel
Sie ist nicht verboten, sorgt aber immer wieder für Unfrieden: Die schwarz-weiß-rote Reichsflagge gilt als Zeichen einer rechtsextremen Gesinnung. Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet, hatte kürzlich ein Kleingärtner in der Gartenkolonie Walkenriede in Hannover die Flagge gehisst. Ein Nachbar beschwerte sich daraufhin beim Vorstand. Der sah jedoch keine rechtliche Handhabe, die umstrittene Flagge zu verbieten, wie ein Vorstandsmitglied der taz bestätigte. Schließlich sei sie nicht verboten. Das wiederum wundert den Beschwerdeführer, denn, so schreibt er, auch sonst könnten die Vereine ja alles, von der Heckenhöhe bis zur Ruhezeit, in der Vereinssatzung regeln.
Auf diesen Weg verweist auch die Polizei Hannover. Denn strafrechtlich könne sie gegen die historische Flagge nichts unternehmen. Bis auf die Reichskriegsflagge des NS-Regimes mit Hakenkreuz aus den Jahren 1935 bis 1945 sind die Reichsflaggen nicht verboten. Gerade deshalb benutzten Rechte sie häufig als Ausdruck ihrer Gesinnung, sagt der Rechtsextremismus-Experte und taz-Autor Andreas Speit: „Sie verweisen immer auf das autoritäre Kaiserreich. Manche finden sie womöglich einfach schick, andere wollen provozieren oder ihre politische Meinung damit ausdrücken.“
Nur in Einzelfällen könne die Polizei nach dem Ordnungsrecht eingreifen, sagt der Hamburger Polizeisprecher Daniel Ritterskamp – etwa, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist. Das wäre der Fall, wenn ein Kleingartenverein zum Treffpunkt von Rechtsextremen geworden sei, und sich die anderen Gärtner*innen durch die Reichsflagge gestört fühlten. Sollte der Besitzer die Flagge dann trotz nicht abnehmen, könne die Polizei sie beschlagnahmen. Eine Strafanzeige folge darauf jedoch nicht.
Der Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg habe eine entsprechende Satzungs-Vorlage bereits gemeinsam mit dem Mobilen Team gegen Rechtsextremismus verfasst, sagt der Vorsitzende Dirk Sielmann. Aufgrund der Coronapandemie konnte die Versammlung den Beschluss aber noch nicht verabschieden. Auch in Hamburger Kleingärten habe es schon Vorfälle im Zusammenhang mit der Flagge gegeben, man müsse handeln, so Sielmann: „In den Regelungen halten wir uns allgemein, sodass keinerlei rechte Symbole erlaubt sein werden.“ Meistens bewirke schon die Androhung eines Vereinsausschlusses, dass solche Symbole nicht mehr gezeigt würden.
Joachim Roemer, Präsident des Landesverbandes Niedersächsischer Gartenfreunde, meint hingegen: „Verbietet man das eine, dann finden die betroffenen Personen ein anderes Zeichen, um ihre Meinung kundzutun.“ Da die Beschränkungen dann sehr pauschal sein müssten, ist er gegen eine solche Regelung. Seiner Erfahrung nach helfe es, mit den Betroffenen freundlich zu sprechen und ihnen zu erklären, dass zwar jeder ein Recht auf seine Meinung habe, aber die Gartenkolonie demokratische Grundsätze vertrete: „Die meisten wollen sich in der Kleingartengemeinschaft integrieren und zeigen ihre Gesinnung dann nicht mehr nach außen.“
In der Gartenkolonie Walkenriede hatte dieser Weg Erfolg: Der Vorstand versicherte der taz, man habe das Gespräch mit dem Grundstückspächter gesucht. Daraufhin habe er die umstrittene Flagge entfernt.
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