AfD: Rausschmiss von Kalbitz: Die Selbstschwächung geht weiter

Das Schiedsgericht bestätigt den Rauswurf von Andreas Kalbitz. Das bedeutet aber nicht, dass die AfD wirklich gegen den Rechtsextremismus vorgeht.

Der Kopf von Andreas Kalbitz

Will sich jetzt zivilgerichtlich gegen seinen Rauswurf wehren: Exlandeschef Andreas Kalbitz Foto: AP

Andreas Kalbitz ist nicht mehr Mitglied in der AfD. Dass das Bundesschiedsgericht die Annullierung von Kalbitz Mitgliedschaft bestätigt hat, ist ein großer Schritt für die Partei. Erstmals stellen sich erst Bundesvorstand und dann das höchste Gericht der AfD gegen einen parteiintern bedeutenden Rechtsextremisten. Denn Kalbitz war bislang Landeschef, Mitglied im Bundesvorstand und der zentrale Organisator des nur offiziell aufgelösten „Flügels“. Also einflussreich und mächtig.

Die Entscheidung schwächt nicht nur Kalbitz und den „Flügel“, sondern auch Co-Parteichef Tino Chrupalla und die Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Alice Weidel und Alexander Gauland, die, sei es aus aus Überzeugung, Opportunismus oder persönlicher Verbundenheit oder einer Mischung derselben, Kalbitz unterstützt hatten. Besonders die Niederlage des 79-jährigen Gauland, der lange als Garant für den Zusammenhalt der tief gespaltenen und noch immer fragilen Partei galt, könnte für die AfD gefährlich werden. Eine andere Integrationsfigur ist nicht in Sicht.

Das alles aber bedeutet noch lange nicht, dass die Partei jetzt wirklich gegen den Rechtsextremismus in den eigenen Reihen vorgeht. Bei Kalbitz' Rausschmiss wurde formal argumentiert, eine inhaltliche Ausseinandersetzung gab es nicht. Deshalb kann der Fall nicht auf andere rechtsextreme Anführer wie Höcke übertragen werden.

Auch ist Co-Parteichef Jörg Meuthen, der die Entscheidung maßgeblich vorangetrieben hat, keine Brandmauer gegen Rechtsextremisten in der AfD, auch wenn er sich jetzt gerne so inszeniert. Lange hat er mit Höcke und Co. paktiert, von Kalbitz' Organisationsgeschick und dessen Netzwerk profitiert und diesen öffentlich verteidigt. Auch mit ihren Inhalten hat Meuthen meist kein Problem, oft decken sich die Ansichten sogar. Ihren völkischen Sozialstaat allerdings, der in der AfD viele Anhänger hat, will der wirtschaftliberale Meuthen auf keinen Fall.

Aktiv wurde der Parteichef erst, als der „Flügel“ – unter anderem in dieser Frage – zu mächtig und ihm gefährlich wurde. Und, auch das sehr wichtig: als der Verfassungsschutz auf den Plan trat. Denn Meuthen will unbedingt verhindern, dass nach dem „Flügel“ auch die Gesamtpartei beobachtet wird. Dann wäre sein Traum von der Volkspartei und einer möglichen Zusammenarbeit mit der Union nämlich ausgeträumt.

Der Rausschmiss von Kalbitz ist ein Einschnitt, das ja. Mehr aber bislang noch nicht. Ohnehin ist zweifelhaft, ob er standhalten wird. Kalbitz wird erneut vor ein Zivilgericht ziehen – und hat durchaus Chancen, dort zu gewinnen. Denn ob der taktische Move von Meuthen und seinen MitstreiterInnen, Kalbitz' Mitgliedschaft aus formalen Gründen zu annulieren, mit dem Parteienrecht vereinbar ist, ist zweifelhaft.

Die Auseinandersetzung um Kalbitz wird also andauern, das ist die gute Nachricht. Denn das ist ein Garant dafür, dass auch der Kampf innerhalb der Partei weiter gehen wird. Und damit ihre Schwächung.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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