Aktivistin über Indigene in Brasilien: „Mercosur-Abkommen stoppen“

Brasiliens Präsident Bolsonaro schade Indigenen durch Umweltzerstörung, so Juliana Miyazaki. Sie ist Referentin der Gesellschaft für bedrohte Völker.

Foto: Felipe Dana/ap

taz: Frau Miyazaki, Sonntag ist der Internationale Tag der indigenen Völker. Wie ist die Situation der Indigenen in Brasilien?

Juliana Miyazaki: Präsident Jair Bolsonaro und seine Minister haben sich stets gegen die Interessen der Indigenen gestellt. Umweltschutzregeln werden aufgeweicht, der Raubbau im Amazonas-Regenwald wird ermutigt und unterstützt. Das führt zum Verlust der Lebensgrundlage der Indigenen.

Warum haben Sie am Freitag vor dem Bundeskanzleramt in Berlin protestiert?

Wir waren vor dem Kanzleramt, um an die deutsche Regierung zu appellieren, das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen in der jetzigen Fassung nicht zu ratifizieren. Durch das Abkommen wird das Agrobusiness gefördert. Das führt zu mehr Entwaldung und Zerstörung der Lebensgrundlage der Indigenen. Landraub, Invasionen, Gewalt und Verschmutzung von Boden und Wasser sind somit direkte Folgen des Abkommens. Erst wenn Umweltstandards wirksam garantiert werden, indigene Rechte durchgesetzt und Verstöße dagegen effektiv verfolgt werden, wäre so ein Abkommen vertretbar.

Die 31-Jährige ist Umwelt­wissenschaftlerin und bei der Gesellschaft für bedrohte Völker Referentin für indigene Völker.

Wie kann man in Deutschland den Widerstand der Indigenen unterstützen?

Man kann als Zivilgesellschaft Druck auf die deutsche Regierung ausüben, das Abkommen in der jetzigen Form zu stoppen. Durch das Abkommen würden mehr Primärprodukte wie Fleisch, Soja und Ethanol nach Europa exportiert werden. Deshalb hat auch das individuelle Konsumverhalten eine Bedeutung. Eine wichtige Rolle spielen deutsche Unternehmen, die in Brasilien Geschäfte machen. Wir glauben daher, dass ein Lieferkettengesetz sinnvoll wäre. Damit könnte garantiert werden, dass Lieferketten sauber bleiben und indigene Rechte nicht verletzt werden.

Neben der Umweltzerstörung und Gewalt macht sich auch das Corona-Virus in indigenen Gebieten breit. Fürchten Sie eine Zerstörung des indigenen Lebens in Brasilien?

Durch Corona drohen, ganze Völker ausgelöscht zu werden. Über 23.000 Indigene sind bereits mit dem Virus infiziert, 645 sind verstorben. 148 Völker sind schon von Covid-19 betroffen – das ist fast die Hälfe aller Völker. Die Bolsonaro-Regierung heizt die Situation an, indem sie Eindringlinge dazu ermutigt, immer weiter in indigene Territorien vorzudringen, um Gold zu suchen und Holz zu fällen. So wird das Virus auch in abgelegene Regionen eingeschleppt.

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