Antikapitalistische Allianzen

Der Berliner Verfassungsschutz ordnet „Ende Gelände“ als linksextrem ein – wegen der Kapitalismuskritik

Kapitalismuskritik ist gefährlich – findet der Berliner Verfassungsschutz und bezeichnet das Klimabündnis Ende Gelände deshalb als „linksextrem“. Ist Kapitalismuskritik wirklich „extrem“?

55 Prozent der befragten Deutschen sagten Anfang des Jahres laut dem viel zitierten „Trust Barometer“ der US-Kommunikationsagentur Edelman, dass Kapitalismus mehr schadet als hilft. Die Coronakrise hat das erneut ganz deutlich gezeigt: in Schlachtfabriken, auf Spargelfeldern und bei der Rettung einer Airline mit 9 Milliarden Euro aus Steuergeldern. Eine geradezu antikapitalistische Allianz hat sogar bis in die Bundesregierung hinein Anhänger: „Der Immer-weiter-schneller-mehr-Kapitalismus der letzten 30 Jahre muss aufhören“, appellierte jüngst Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).

Auch die Schüler*innen von Fridays for Future haben in Mathe aufgepasst – und vergangenes Jahr Millionen Menschen davon überzeugt, dass unendliches Wachstum auf einem begrenzten Planeten keine besonders kluge Idee ist. Den Demo-Spruch „System change, not climate change“ kann jede klimaengagierte 14-Jährige laut und überzeugt mitrufen. Sogar einer, der noch mehr Alter-Weißer-Mann-Autorität besitzt als Entwicklungsminister Müller, hat schon 2013 gesagt: „Diese Wirtschaft tötet.“

Will der Berliner Verfassungsschutz nun tatsächlich die ganze antikapitalistische Allianz von Papst Franziskus bis Ende ­Gelände ins Visier nehmen? Und damit wohl auch die genannten 55 Prozent als Beobachtungsfall einstufen? Reichsbürger, Nazis und die AfD wird es freuen: Sie können unterdessen weiterhin unbehelligt an der Zerstörung unserer Demokratie arbeiten. (eck, pch)