Rechtsextreme in Bundeswehr: Ein KSK-Soldat und seine Leute

Lange Zeit ließ man „Hannibal“ in der Spezialtruppe gewähren. Zusammen mit Kollegen bereitete er sich auf einen „Tag X“ vor.

Zwei KSK-Soldaten in schwerer Uniform, mit Helmen und Gewehren im Anschlag

KSK-Soldaten während einer Übung in Calw in Baden-Württemberg Foto: Thomas Kienzle/ap

BERLIN taz | Das Kommando Spezialkräfte ist eine geheimnisumwobene Einheit, zuständig für die härtesten Einsätze der Bundeswehr. Das KSK zieht Soldaten an, die bereit sind, mehr zu geben als andere. Wenn es etwa darum geht, wochenlang in kleinen Trupps in Afghanistan Terroristen zu jagen oder das Leben aufs Spiel zu setzen, um deutsche Geiseln im Ausland zu befreien. Und das KSK mit Sitz in Calw im Schwarzwald zieht auch Menschen an, die das Geheimnisvolle lieben. Zum Beispiel André S., geboren 1985 in Halle an der Saale.

André S. war zuerst Fallschirmjäger und schaffte dann die wohl härteste Aufnahmeprüfung der Republik. Er begnügte sich aber nicht damit, als Kommandosoldat zu trainieren und für die Bundeswehr zu kämpfen, unter anderem mehrfach in Afghanistan. Er machte auch sein eigenes Ding.

André S. wurde Mitglied in Freimaurerlogen und Ritterorden, und unter seinem Spitznamen „Hannibal“ orchestrierte er ein Netzwerk von Chatgruppen, in denen sich sogenannte Prepper auf einen „Tag X“ vorbereiten, eine drohende Katastrophe. Oft damit gemeint: das angebliche Überranntwerden des Landes durch Geflüchtete. Mit dabei: mehrere KSKler. Gegen einige Mitglieder dieser Gruppen wird wegen Terrorverdachts ermittelt, der Bundeswehrsoldat Franco A. steht demnächst vor Gericht. Gegen Hannibal selbst sind zwei Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz anhängig.

Zusammen mit anderen KSK-Soldaten hat André S. 2012 auch den Verein Uniter e. V. ins Leben gerufen. Manche der Mitglieder ließen sich auch in einem Lazarus-Orden zum Ritter schlagen. Den Verein hat er 2016 in Stuttgart neu gegründet, zusammen mit einem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes.

Das Ziel war, gefechtsbereit zu sein

Die taz hat seit 2017 Recherchen über das Hannibal-Netzwerk veröffentlicht. Sie ergaben, dass Hannibal und seine Kameraden hinter den Kulissen eine streng hierarchische Organisation im Sinn hatten, mit sektenartigen Ritualen und einem Ziel: gefechtsbereit zu sein. Hannibal leitete paramilitärische Trainings und strebte eine Kooperation mit dem philippinischen Autokraten Duterte an – als eine Art Söldnergruppe. Seit Kurzem führt das Bundesamt für Verfassungsschutz Uniter als Prüffall wegen des Verdachts des Rechtsextremismus.

Beim KSK hatte man Hannibal lange gewähren lassen, erst Anfang 2018 wurde er wieder zu den Fallschirmjägern versetzt. Im Herbst 2019 kehrte er der Bundeswehr ganz den Rücken.

Als Geheimdienst der Bundeswehr ist es die Aufgabe des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Extremisten in den eigenen Reihen zu enttarnen. Aber der MAD musste zugeben, dass er lange nicht so richtig mitbekam, was im KSK eigentlich los ist. Zumindest eine Auskunftsperson, also eine Art Quelle, hatte der MAD in Calw. Es war wohl nicht die geeignetste Person: Hannibal selbst.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

Hannibals Schattennetzwerk

Hintergründe zum Prozess gegen Franco A.

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