Regierungsbildung in Irland: Jetzt sind die Parteibasen gefragt

Nach der Wahl steuert Irland auf eine historische Dreiparteien-Koalition zu: Die Grünen wollen mit zwei rechten Parteien zusammengehen.

Leo Vardakar

Der Fine-Gael-Chef Leo Varadkar sagte, man werde sich bei der Regierungsführung abwechseln Foto: Gludbaek Arensten/imago

DUBLIN taz | Irland bekommt endlich eine Regierung – falls die Parteimitglieder den Deal absegnen, auf den sich die Parteichefs der beiden großen Parteien Fianna Fáil und Fine Gael sowie der Grünen am Montag geeinigt haben. Es wäre das erste Mal, dass die beiden größten Parteien gemeinsam regieren.

Politisch unterscheiden sie sich kaum voneinander; die Differenzen sind historischer Natur. Beide sind Abspaltungen von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA). Fianna Fáil war vor rund hundert Jahren gegen den Friedensvertrag mit Großbritannien, der die Teilung der Insel besiegelte; Fine Gael war dafür. Der Streit wurde in einem blutigen Bürgerkrieg zugunsten des Vertrags entschieden.

Zusammen kamen die beiden Parteien bei der Wahl im Februar aber nur auf 72 Sitze. Für die Parlamentsmehrheit sind 81 Mandate erforderlich. Also holten sie die Grünen mit ihren 12 Sitzen an Bord. Mit Sinn Féin, die als zweitstärkste Partei aus den Wahlen hervorgegangen war, hat man gar nicht erst verhandelt.

Die Grünen setzten sich bei einigen Punkten durch. So soll doppelt so viel in den öffentlichen Verkehr und in Radwege wie in den Straßenbau investiert werden. Die Kohlendioxidsteuer soll fast vervierfacht, die CO2-Emissionen um 7 Prozent pro Jahr bis 2030 gesenkt werden.

Boykottgesetz innerhalb der Koalition umstritten

Umstritten ist nach wie vor das sogenannte Occupied Territories Bill. Das Gesetz würde die Einfuhr von Produkten aus den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten verbieten. Fianna Fáil und die Grünen sind dafür, Fine Gael dagegen. Das Gesetz ist bereits von der zweiten Kammer, dem Senat, sowie in erster Lesung vom Parlament angenommen worden.

Die Frage wird sein, ob die Grünen in einer Koalition wieder einknicken werden. 2007 waren sie mit drei Forderungen in die Koalitionsverhandlungen mit Fianna Fáil gegangen. Keine ihrer Forderungen konnten sie später durchsetzen.

Stattdessen stimmten sie in der Finanzkrise für die Bankenrettung und drastische Sparhaushalte. 2011 wurde die Partei dafür bestraft und verlor sämtliche Abgeordnetensitze. Jetzt hat sie sich einigermaßen erholt – und tritt erneut einer Koalition mit rechten Parteien bei.

Das Amt des Taoiseach, wie der Premierministers offiziell genannt wird, soll rotieren: Die ersten zweieinhalb Jahre soll es Micheál Martin von Fianna Fáil machen, danach ist der bisherige Premier und Fine-Gael-Chef Leo Varadkar dran. Während die Mitglieder der beiden großen Parteien mit einfacher Mehrheit zustimmen müssen, bedarf es bei den Grünen einer Zweidrittelmehrheit.

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