: An den Orten der Ruhe summt es
Bienenfreundliche Pflanzen auf Friedhöfen sollen bedrohten Insekten mehr Lebensraum geben
Von den über 340 Wildbienenarten gelten zwei Drittel als stark gefährdet. Um für sie und andere bedrohte Insekten bessere Lebensbedingungen zu schaffen, gestalten viele Friedhofsgärtner auf eigene Kosten freie Friedhofsflächen bienenfreundlich um. Sie pflegen Staudenbeete von 2,5 mal 2,5 Meter mindestens fünf Jahre lang kostenlos. Seit 2018 sind so in dem von der Treuhandstelle für Dauergrabpflege initiierten Projekt „Bienengartenpaten“ mehr als 150 Bienengärten vor allem in Niedersachsen, aber auch in Bremen, Sachsen-Anhalt, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern entstanden, bis Ende dieses Jahres soll es 200 dieser Gärten geben.
„Bei den Friedhofsträgern wie Kirchen und Kommunen gibt es ein großes Interesse an diesem Thema“, sagt Staudengärtnermeister Wolfgang Siebler aus Schwarmstedt und fügt hinzu: „Bei der Gestaltung von Einzelgräbern fehlt Privatleuten leider meist noch das Bewusstsein, dass man auch hier durch bienenfreundliche Pflanzen etwas bewirken kann.“ So seien Bergminze und Ziersalbei für sonnige Standorte sehr geeignet, für Gräber im Halbschatten würden Glockenblumen und Duftveilchen infrage kommen. „Die blühen lange, müssen nicht jedes Jahr neu gepflanzt werden, sind bei Bienen beliebt, pflegeleicht, und nicht teurer als sonst auf Gräbern verbreitete Pflanzen“, sagt Siebler, der Pflanzenpakete an die an dem Projekt beteiligten Gärtnereien verschickt.
Zu diesen Bienengartenpaten gehört auch Andreas Noltemeyer, Inhaber einer Friedhofsgärtnerei in Achim-Baden bei Bremen. Er hat auf drei Friedhöfen bienenfreundliche Flächen angelegt. „Das spart auf Dauer Zeit und Geld, denn dort war einst Rasen, der jetzt nicht mehr gemäht werden muss“, sagt der Friedhofsgärtnermeister. Er ist im 1.500 Einwohner zählenden Völkersen Ortsbürgermeister für die Grünen und hat erreicht, dass vor einigen Jahren für die Friedhöfe von Langwedel – dazu gehört auch Völkersen – eine neue Satzung verabschiedet wurde. Danach muss jedes neue Einzelgrab zu mindestens der Hälfte gärtnerisch gestaltet werden. „Insektenfeindliche Kiesgräber greifen um sich. Durch die Satzung haben alte Gräber Bestandsschutz, aber neu angelegte reine Kiesgräber sind nicht mehr erlaubt. Das kann zu Konflikten führen. Wir haben auch schon Kies von Gräbern geräumt“, sagt Noltemeyer.
Die evangelische Landeskirche Hannover unterstützt derzeit die Umgestaltung an neun Standorten: unter anderem Obstbäume, eine Allee aus Hainbuchen und Weißdorn, ein Birkenhain, eine Wildstrauchhecke, Stauden- und Heideflächen. Günther Schröder, Klimaschutzbeauftragter der St.-Remigius-Gemeinde in Uelzen, freut sich über immer mehr Anfragen von Menschen, die ihre Familiengräber insektenfreundlich gestalten wollen. Allerdings ist diese Freude getrübt: „Die Zahl dieser Gräber wächst leider nicht so schnell wie die der Kieselsteingräber. Viele denken, dass solche insektenfeindlichen Steingräber keine Pflege brauchen – das stimmt aber nicht. Wir setzen auf die Einsicht der Menschen.“ Joachim Göres
www.bienengartenpate.de
www.friedhof-umwelt.de
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