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Langsame Entwicklung von ImpfstoffenEU kungelt mit Pharmaindustrie

Die EU hat Milliarden an Forschungsgeldern an Pharmakonzerne für neue Impfstoffe vergeben. Die Gelder sind aber offenbar komplett verpufft.

So wird das nichts mit dem Impfstoff, EU-Kommission! Foto: Sakchai Lalit/dpa

Brüssel taz | Die EU-Kommission arbeitet zu eng und vertrauensvoll mit der Pharmaindustrie zusammen, was zu Verzögerungen bei der Entwicklung dringend benötigter Impfstoffe etwa gegen das neuartige Coronavirus führt. Zu diesem Schluss kommen die unabhängigen Lobby-Watcher von Corporate Europe Observatory (CEO).

Schon 2017, zwei Jahre vor dem Auftreten von Sars-CoV-2, wiesen Pharmakonzerne einen Vorstoß der EU-Kommission für die schnellere Entwicklung von Impfstoffen zurück, heißt es in einer neuen CEO-Studie. Den Ausschlag habe die Innovative Medicines Initiative gegeben.

Dabei handelt es sich um eine sogenannte Public-private-Partnership, also eine Kooperation zwischen der EU-Behörde und privaten Unternehmen. Zu den Mitgliedern gehören internationale Pharmakonzerne wie GlaxoSmith-Kline, Novartis, Pfizer und Johnson & Johnson. Die Ini­tiative werde von der Industrie dominiert, heißt es in der Studie. Dies führe dazu, dass öffentliche Finanzmittel für private Forschung vergeben werden. Laut CEO geht es um 2,6 Mil­liar­den Euro aus dem Forschungsprogramm „Horizon Europe“.

Das gewünschte Resultat – innovative Medizin und Impfstoffe – bleibt allzu oft aus. Vor dem Hintergrund der Coronakrise ist dies ein brisanter Befund. Schließlich setzt die EU-Kommission mehr denn je auf die Zusammenarbeit mit großen Pharmakonzernen und privaten Sponsoren.

Gates Foundation dabei

So hat Behördenchefin Ursula von der Leyen erst Mitte Mai eine große Geberkonferenz veranstaltet, an der auch private Sponsoren wie die Bill & Melinda Gates Foundation beteiligt waren. Die dabei gesammelten 7,4 Milliarden Euro sollen in die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neue Coronavirus fließen.

Von der Leyen verspricht sogar, dass dieser Impfstoff, wenn er eines Tages vorliegt, der ganzen Welt zugute kommen werde und nicht nur einzelnen Ländern oder Konzernen. Die CEO-Studie weckt jedoch Zweifel daran.

Auf Nachfrage hat die EU-Kommission ihre Zusammenarbeit mit der Pharmabranche gerechtfertigt. Für „Horizon Europe“ gälten „rigorose EU-Regeln“, sagte ein Behördensprecher. Man arbeite weiter daran, Impfstoffe etwa gegen das Coronavirus zu entwickeln.

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6 Kommentare

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  • Auch ganz ohne Kristallkugel habe ich schon vor langer Zeit vorausgesagt, dass die Entwicklung eines funktionierenden Fusionsreaktor noch lange auf sich warten lässt, weil damals, unter Wirtschaftsminister Schiller und Willi Brandt als Bundeskanzler, zu sehr mit der Gießkanne hantiert wurde. Damals war ich viel in Garching. Die Voraussage stammt also nicht von mir, sondern den Mitarbeitern. Die Gießkannen werden immer größer, nicht zuletzt dank Europa, und dem Virus geht es entsprechend gut.



    Ich bitte, meine Aussage verschwörungstheoretisch zu betrachten, denn es sollen auch schon mal Wunder geschehen.



    Meine Hoffnung auf einen wirtschaftlich arbeitenden Fusionsreaktor ist jedenfalls noch nicht ganz gestorben, um niemandem zu sehr auf die Füße zu treten. Bezüglich des Virus vertraue ich inzwischen ganz meinem Körper und nötigem Abstand.Klar, lasse ich mich impfen, wenn das, wider Erwarten, etwas wird.Wenn nicht, gehe ich vielleicht noch ehrenamtlich in die Virusforschung. Zur Zeit Robert Kochs war man auf diese Weise noch erfolgreicher als heute.

  • Wie die Pharmaindustrie sich die "Zusammenarbeit" vorstellt, hat der Chef von Sanofi ja neulich deutlich formuliert: Europa bezahlt, Amerika bekommt den Impfstoff. Und Sanofi wird reich.



    Da wüsste man schon gerne, wie so etwas trotz der "„rigorosen EU-Regeln“ passieren kann.



    Handhaben gäbe es gleich mehrere: Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Zum einen gibt es da Patente. Wenn eine öffentliche Einrichtung einen Wirkstoff (mit-)(er-)findet, sollte sie auch Patentrechte bekommen - und Mitspracherechte bei der Verwertung. Wenn die EU Entwicklung und Produktion (mit-)finanziert, sollte die EU auch mit am Tisch sitzen, wenn entschieden wird, wer die Medikamente bekommt. Und zu welchen Konditionen.



    Da die EU offenbar einiges zu verbergen hat bei den Regelungen, die sie mit der Pharmaindustrie trifft, wäre zu hoffen, dass die TAZ und andere Medien am Ball bleiben, bis alle Fragen zufriedenstellend beantwortet sind.



    Die Zeit ist eigentlich günstig: Durch Corona haben wir gerade gelernt, dass es im Zweifelsfall nicht die Pharmaindustrie ist, die uns rettet. Sondern die Krankenschwestern und Ärzte. Da hat die Politik eigentlich genung Rückendeckung, um die Regeln zu ändern und dafür zu sorgen, dass in Zukunft der Löwenanteil der Gesundheitsausgaben nicht mehr an die Pharmabosse und ihre Hintermänner fließt, sondern an diejenigen, die die wirklich wichtige Arbeit machen.

  • Sorry, aber der Artikel ist vollkommen sinnbefreit. Argumente und sinnvolle Erklärungen warum hier keine wissenschaftliche Erfolge zu feiern sind fehlen. Das trotz Milliarden Investitionen kein Impfstoff/Medikament raus gekommen sind entspricht der Realität der medizinischen Forschung.

    "Die EU-Kommission arbeitet zu eng und vertrauensvoll mit der Pharmaindustrie zusammen, was zu Verzögerungen bei der Entwicklung dringend benötigter Impfstoffe etwa gegen das neuartige Coronavirus führt"

    Wer außer die Industrie soll denn liefern? Universitäten sind hier hinsichtlich Produktion und Knowhow nicht relevant. Wer wurde denn ausgebremst? Hat die EU die Firmen blockiert?

    Schlicht populistische Meinungsmache gegen die EU, schade TAZ

    • @Verkase:

      Sinnfrei? Gemach.

      Schauns da mal rein:



      corporateeurope.or...report-final_0.pdf



      &



      Als mehrere Jährchen mit ArneimittelR befaßter ist mir a DE der Pharma-Lobbyismus bestens vertraut.



      Das AMG war dementsprechend derart “zerschossen“ - daß zu Andrea Fischers Zeiten der BR zur 10. Novelle den BT aufforderte “…ein lesbares Gesetz zu schaffen.“ Aussichtsloses Unterfangen!

      & als Schlagobers: “Altarzneimitel“- zur -



      “Nachbesserungsfrist“ - wurde aus allgemein akzeptiert 6 Monaten - plopp -



      18 Monate. = Gelddruckmaschine.



      Mein U-Boot im Amt: “Tja - wir waren auch ganz platt. Wer da nun? - der Schröder beim Merck oder umgekehrt - auf dem Schoß gesessen? Who knows!“

      So geht das

      • @Lowandorder:

        Wäre schön, wenn ein Nicht-Fachmann auch nur annähhernd verstehen könnte, wovon Sie schreiben.

        Vielleicht können Sie es ja noch ein klein wenig ausführen?

  • Dass daran gezweifelt werden kann, ob ein Impfstoff wirklich der ganzen Welt zugute kommen wird, ist klar. Schließlich leben wir im Neoliberalismus. Was aber helfen sollte ist, dass Spender wie die Gates-Stftung dieses "Versprechen" als Bedingung, und zwar nachvollziehbare Bedingung, einbeziehen sollte, Oder gibt es da so etwas?