: Tageseltern wollen Gerechtigkeit
Ab August bekommen Tageseltern mehr Geld – trotz eines Urteils von 2019 allerdings nicht rückwirkend
Eine Tagesmutter
Von Eiken Bruhn
Für unzureichend hält die Gewerkschaft Ver.di die Neuregelungen für Tageseltern in Bremen. Die Anfang April beschlossene finanzielle Besserstellung der Kindertagespflege gelte erst ab August 2020, kritisiert Ver.di. Dabei ginge die Neuregelung auf Gerichtsurteile aus dem Jahr 2014 zurück, die vom Oberverwaltungsgericht Bremen im Januar 2019 „in den entscheidenden Punkten“ bestätigt worden seien.
„Was für die Zwischenzeit gelten soll, ist nach wie vor offen“, sagte am Dienstag Ver.di-Sekretär John Hellmich. Er zitierte eine Tagesmutter mit den Worten: „Das ist ein Zeichen mangelnden Respekts, sowohl dem Gericht als auch uns gegenüber.“ Laut Hellmich würden dadurch „zwangsläufig neue Prozesse provoziert“.
Anfang April hatte die Bildungsdeputation beschlossen, dass Tageseltern ab August entsprechend ihrer Qualifikation bezahlt werden sollen. Zudem wird unterschieden, ob die Kinder im eigenen Haushalt, in eigens angemieteten Räumen oder in der Wohnung der Eltern betreut werden. Die Sätze sollen sich an den Tariflöhnen für Erzieher*innen, Sozialassistent*innen und Kinderpfleger*innen orientieren.
Elisabeth Lahusen, eine der Klägerinnen, sagt, die Vergütungserhöhung komme „zu spät, ist zu wenig, und es fehlen immer noch zehn Urlaubstage“.
Tatsächlich hatte das Oberverwaltungsgericht im Januar festgestellt, dass die Stadt Bremen nicht berücksichtige, dass Tagespflegepersonen „deutlich mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten“, um einen Verdienst von 62 Prozent des durchschnittlichen Gehalts einer in Vollzeit arbeitenden Erzieherin zu erzielen. Derzeit legt die Behörde ihren Berechnungen eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden zugrunde.
Lahusen, die seit einem Jahr in einer Kindertageseinrichtung arbeitet und nicht mehr selbstständig als Tagesmutter, kritisiert zudem, dass Tageseltern ab August 2020 keine Zuzahlungen mehr von den Eltern verlangen dürfen.
Das sei zwar gut im Sinne der Gleichstellung der Eltern, sagt sie, stelle aber für die Tagespflegepersonen ein finanzielles Problem dar, weil sie nicht nach Arbeitsstunden bezahlt werden, sondern pro Kind und Betreuungsstunde. Die Stadt ginge zu Unrecht davon aus, dass eine Tagespflegeperson zeitgleich fünf Kinder in Vollzeit über 40 Stunden pro Woche betreue.
Auf Nachfrage heißt es bei der Bildungsbehörde, eine rückwirkende Regelung für die Tageseltern werde es nicht geben. Ver.di habe auf diese Notwendigkeit bei Gesprächen über das Thema nicht hingewiesen.
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