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„Viele warten und zögern lange“

Christel Mück-Hannemann (68) hat das Frauenhaus in Brandenburg an der Havel mit aufgebaut und geht in Ruhestand

Mit der Wende habe ich mit der Frauen­arbeit angefangen. Ich habe damals im Stahlwerk in Brandenburg an der Havel gearbeitet. Wir haben gesehen, dass Frauen schnell entlassen worden sind, und mit Gleichgesinnten haben wir einen unabhängigen Frauenverband gegründet, um uns politisch für Frauen stark zu machen, für arbeitssuchende und gewaltbetroffene Frauen. Aber uns hat politisch die Kraft gefehlt, alle Themen anzugehen, und so haben wir uns auf die Arbeit mit gewaltbetroffenen Frauen konzentriert.

In der DDR gab es ja keine Frauenhäuser. Ich habe den Eindruck, dass die soziale Kontrolle höher war. Frauen hatten die Möglichkeit, sich der Gewerkschaft oder einer Vertrauensfrau im Betrieb anzuvertrauen. Es gab dann wohl Rügen oder Strafen für die Männer. Aber oft gab es nicht ausreichend Wohnungen, sodass Frauen auch nach einer Scheidung weiter mit dem Mann unter einem Dach leben mussten. Ich habe nach der Wende Fälle erlebt, wo arbeitslos gewordene Männer alles daran gesetzt haben, dass auch die Frau ihren Job verliert, weil es sie in ihrer Ehre gekränkt hat.

Mit unserem Verein haben wir beim Ministerium offene Türen eingerannt und haben 100.000 DM bekommen – das waren Summen, die wir zunächst gar nicht greifen konnten. Gerade in der Anfangszeit war die gegenseitige Unterstützung groß, die Maler-Azubis haben bei uns renoviert, andere haben Möbel transportiert, die wir brauchten.

Die Beratung kam für uns erst später dazu, weil wir die Frauen, die nicht gleich zu uns ziehen konnten oder wollten, nicht im Regen stehenlassen wollten. Wichtig ist eine Beratung rund um die Uhr, denn die Frauen können nicht erst auf einen Termin warten und können auch nicht zu jeder Zeit. Sie brauchen jemanden, wenn sie den Mut finden oder eine kurze Zeit Freiheit haben.

Viele warten und zögern lange. Frauen blenden oft die Gefahr aus, wie weit Männer gehen können, ich habe oft gehört: „Er droht ja nur.“ Deshalb raten wir auch dazu, die letzte Aussprache auf keinen Fall in den eigenen vier Wänden zuzulassen, sondern nur da, wo die Frauen auch Hilfe erwarten können. Viele Frauen sind auch psychisch instabil oder entwickeln eine Sucht, und das kann ihnen zum Verhängnis werden, weil der Mann dann vor Gericht das gegen sie verwenden kann. Wir merken, wie wichtig es ist, dass wir sie auch zu Behörden begleiten, denn wir achten darauf, dass sie dort auch alles erzählen, was wichtig ist.

Wir hatten hier schon Frauen in drei Generationen im Haus, die waren im Strudel drin. Da haben die Töchter schon als Kinder die Gewalt kennengelernt und später selbst solche Beziehungen geführt.

Die Gesetze zum Schutz von Frauen setzen sich nicht von selbst um: Wir haben uns mit Rich­ter*innen, Rechtspfleger*innen und Polizist*innen an einen Tisch gesetzt und es hat etwa beim Gewaltschutzgesetz ein Jahr gedauert, bis wir mit der Umsetzung zufrieden waren. Auch haben wir gelernt, dass wir nicht alles erfüllen müssen. Bei begleitetem Umgang gehen wir inzwischen nicht mehr mit, die Männer haben uns sowieso nur beäugt und verdächtigt, die Frauen gegen sie aufzuhetzen. Das ist Sache des Jugendamts, wir lassen uns da nicht mehr reinschicken.

Seit einem halben Jahr habe ich keine Bereitschaft mehr. Da habe ich erst gemerkt, was das für eine Last war. Ich merke auch einen Generationswechsel bei unseren Ansprechpartner*innen. Die, die ich kannte, hören auch langsam auf; ich bin froh, dass ich kein neues Netzwerk aufbauen muss.

Meine Nachfolgerin ist engagiert, sie wird die Kontakte weiterführen. Sie wird sicher andere Wege gehen, und sie hat auch schon gemerkt, wie schwierig einiges ist, aber sie ist frauenrelevant eingestellt und erfüllt alle Wünsche, die ich an eine Nachfolgerin hätte haben können.

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