: Eine Name aus Napoleons Ära
Statt des Nazis Lent wird Düring Kasernen-Patron
Das Praktische am Erinnern ist, dass es so schnell verblasst. Besonders dasjenige an eigene Verbrechen. Wir Deutschen kennen das zu Genüge, haben wir doch nach 1945 lange gebraucht, um uns als Angehörige des Nazi-Tätervolks zu begreifen.
Lange hat es auch gedauert, bis Helmut Lent, Namensgeber einer Kaserne in Rotenburg/Wümme nicht mehr als tapferer „Held“, sondern als Nazi-Kampfflieger erkannt, diskutiert und als Patron ausgemustert wurde.
Aber sei’s drum, jetzt ist es sov weit: Der Umbenennungsbeschluss wurde just gefasst, und der zuständige Bataillonskommandeur Maik Münzner will das Papier sofort der Verteidigungsministerin zur Unterschrift weiterleiten.
Wen Rotenburgs Stadtväter und Soldaten zum neuen Patron erkoren? Den aus altem niedersächsischem Adel stammenden Forstwirt Johann Christian von Düring (1792–1862), der sich Hannoverschen Truppen im Kampf gegen Napoleon anschloss.
Genaues über sein Verhalten weiß man nicht, und das war wohl auch Sinn der Aktion: jemanden zu wählen, von dessen eventuellen Untaten keiner mehr zu berichten weiß. Das kann allerdings bös schief gehen. Denn auch wenn die Nachfahren derer von Düring jetzt vermutlich mit dem Reißwolf in ihre Archive steigen, kann irgendwann der Brief eines Opfers auftauchen. Und und wie stünde man dann da?
Nein, was die Verjährung betrifft, ist die Wahl Christian von Dürings nur halbherzig gewesen. Besser, man wäre zur Völkerwanderung oder, weiter noch, zu den Punischen Kriegen zurückgegangen. Der sympathische Feldherr Publius Cornelius Scipio Africanus hätte sich zum Beispiel angeboten, geboren 235 v. Chr. in Rom. Denn erstens waren damals nur wenige des Schreibens kundig – im Zweifel die Mächtigen. Und wenn es doch Gemetzel-Berichte aus Opfersicht geben sollte, wären die wenigstens unleserlich auf Latein. Petra Schellen
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