Schriftliche MSA-Prüfungen abgesagt: Die Vernunft siegt doch noch
Schulsenatorin Sandra Scheeres hat nun doch noch die eigentlich unsinnigen MSA-Prüfungen abgesagt. Das ist gut so. Ein Wochenkommentar.
Denn nichts als Ideologie kann es gewesen sein, was Scheeres an den MSA-Prüfungen in den 10. Klassen festhalten ließ, die es in den meisten Bundesländern nicht gibt. Viele hatten sie bekniet, zumindest bei den 10.-Klässler-Gymnasiasten die dort weitgehend sinnfreien Prüfungen ausfallen zu lassen, die auch in Nicht-Coronazeiten mit immensem Aufwand verbunden sind. Sinnfrei, weil nach ganz offiziellen Zahlen der Bildungsverwaltung zuletzt 96 Prozent der Gymnasiasten die Prüfung bestanden, von 20 Schülern also noch nicht mal einer durchfällt. Dafür aber geht viel Zeit für Vorbereitung, Prüfungen und Korrekturen drauf, und auch in anderen Jahrgangsstufen fallen dadurch ganze Unterrichtstage aus.
Das vor diesem Hintergrund auch in Coronazeiten durchzuziehen, wäre nicht nur unsinnig, sondern auch höchst gefährlich gewesen. Schüler nun ab Montag in kleineren Gruppen wegen des dringend nötigen Unterrichts von Angesicht zu Angesicht wieder in die Schulen zu holen, ist eine Sache. Es zu tun für eine Formalie, die nur der Gleichsetzung von Gymnasium und Sekundarschulen dient, hätte Ideologie über Gesundheitsgefahren gesetzt, hätte aus politischen Gründen mögliche Infektionen und schwere Erkrankungen, im schlimmsten Fall auch Todesfälle in Kauf genommen.
Sich so lange zu sträuben, war zunehmend nicht nachzuvollziehen. Wegen Corona als einziges Bundesland die Abiturprüfungen zugunsten eines Abiturs allein aus Vornoten abzusagen, wäre falsch, weil mit weitreichenden Konsequenzen verbunden gewesen: Berliner Absolventen wären dann möglicherweise bei der Studienplatzbewerbung in anderen Bundesländern benachteiligt gewesen. Der MSA hingegen als Berliner Besonderheit interessiert außerhalb der Landesgrenzen kaum, da war Scheeres nicht unter Druck eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz.
Der Verzicht auf die Prüfungen bietet praktisch nur Vorteile: Es fällt kein Unterricht aus, Lehrer müssen nichts für die Prüfung wiederholen, brauchen keine Zeit aufs Aufsichtführen und Korrigieren verwenden, sondern können Neues vermitteln. Und einen MSA-Abschluss gibt es trotzdem, weil jener Prüfungsteil bleibt, bei dem bis zu vier Schüler ihren Lehrern eine Präsentation vorstellen – aber eben nicht über drei Stunden in einem Raum voller Mitprüflinge, wie es bei schriftlichen Tests gewesen wäre.
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