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Schließung des Berliner FlughafensHarte Landung für Tegel

Der Senat würde den Flughafen mangels Auslastung gerne dicht machen – zumindest vorübergehend. Dass es so kommen wird, ist fast unausweichlich.

Willkommen – aber wer? Es kommt ja fast keiner mehr Foto: dpa

Berlin taz | Es ist einer der Orte, an dem der Stillstand der Stadt besonders eindrucksvoll wirkt: Auf dem Flughafen Tegel herrscht Endzeitstimmung. Seit rund einer Woche ist das durch die Corona-Krise schon länger gesunkene Flugvolumen noch einmal zusammengeschnurrt, auf rund 10 Prozent des üblichen Aufkommens, wie die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) mitteilte.

An diesem Freitag heben laut Flugplan nur noch 21 Flüge von TXL ab: ein paar innerdeutsche Verbindungen von Lufthansa und Eurowings, zumeist Frachtflüge, und wenige innereuropäische Flüge nach Amsterdam oder Kiew. In den Terminals ist es gespenstisch leer.

Weil das so ist, und weil sich der Flugbetrieb in den kommenden Wochen und Monaten womöglich noch weiter dem Nullpunkt nähern wird, kann man an dem monströsen Elefant im Raum langsam nicht mehr vorbeischauen: Die vorzeitige Schließung von Tegel wird praktisch unausweichlich.

Alles andere wäre im Grunde eine grobe Pflichtverletzung der FBB, denn auch ein Flughafen, an dem niemand fliegt, erzeugt Kosten. Um diese in der Krise zu minimieren, hat die Gesellschaft schon am Dienstag Kurzarbeitergeld für die rund 2.200 Mitarbeiter beantragt.

Staatliche Krisenhilfe in Sicht

Auch staatliche Krisenhilfe wird es wohl geben. Wie Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup am Freitag vergangener Woche nach der Sitzung des Aufsichtsrats signalisierte, seien die Gesellschafter – also Berlin, Brandenburg und der Bund – durchaus geneigt, für die Stabilität des Unternehmens noch einmal in die Tasche zu greifen. Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider sprach von einem „kleinen dreistelligen Millionenbetrag“.

Trotzdem liegt es auf der Hand und wird in Flughafenkreisen als einzig pragmatisches Szenario gehandelt: Es braucht die Verlegung der restlichen Flüge nach Schönefeld-Alt – dem künftigen BER-Terminal 5 –, wo nach Wegbrechen des kompletten touristischen Flugbetriebs ebenfalls nur noch ein Zehntel des Aufkommens herrscht. Tegel könnte in Ruhe abgewickelt werden, viele Kostenstellen würden umgehend wegfallen.

So, wie es aussieht, dürfte sich der Flugverkehr bis Ende Oktober nicht annähernd von der Krise erholt haben. Und dann geht schon – wahrscheinlich – der BER an den Start.

Aussprechen wollen das Offensichtliche dennoch nur wenige, etwa der Spandauer SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz: „Tegel sollte umgehend geschlossen werden!“, schreibt der Umweltpolitiker auf seiner Webseite. „Die Offenhaltung eines ganzen Flughafens mit allen Teilbereichen und den hohen Sicherheitserfordernissen ist angesichts dieser extrem geringen Auslastung nicht mehr sinnvoll.“

Es geht um temporäre Maßnahmen. Wir haben das nicht in der Hand.

Finanzsenator Matthias Kollatz

Die Verlagerung der Flüge nach Schönefeld sei laut Buchholz „problemlos“ möglich, und „für die 300.000 lärmgeplagten Anwohner*innen des Flughafens Tegel in Spandau, Reinickendorf und Pankow bringt die vorübergehende Stilllegung endlich Ruhe und einen positiven Vorgeschmack auf die endgültige Schließung des innerstädtischen Flughafens.“

Buchholz spricht allerdings nur von einer „Aussetzung der Betriebspflicht“, die die Flugverkehrsbehörde in der Senatsverkehrsverwaltung aussprechen solle. Die radikalere – aber logische – Variante wäre die endgültige Entlassung aus der Betriebspflicht. Der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, lehnt sich nicht so weit aus dem Fenster, sagt aber, es gebe „betriebswirtschaftliche Gründe, die dafür sprechen, dass Tegel geschlossen werden sollte.“ Der Antrag müsse aber von der Flughafengesellschaft ausgehen.

Die hält sich auf Nachfrage der taz bedeckt: „In dieser Situation muss alles auf den Prüfstand, das erwarten die Gesellschafter auch von uns“, sagt Sprecher Hannes Hönemann. „Die FBB hat aber eine solche Entscheidung nicht zu treffen, das muss von den Gesellschaftern politisch entschieden werden.“

Leer, leerer, Tegel: Kaum ein Flug startet hier noch Foto: dpa

Der Bund blockiert noch

Bis jetzt war durchgedrungen, dass der Bund gegen eine Schließung war, auch gegen eine nur vorübergehende. Die Berliner Zeitung will nun aber erfahren haben, dass die Gesellschafterversammlung am Montag eine vorübergehende Entbindung von der Betriebspflicht bei der Senatsverwaltung beantragen will.

Dazu passt eine verschachtelte Aussage von SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz, die er am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses tätigte: „Ich werde hier nicht das Versprechen abgeben, dass zum Beispiel Tegel oder eine andere Betriebsstätte des Flughafens nicht temporär geschlossen wird.“

Die dauerhafte Abschaltung schloss der SPD-Politiker auf Drängen der CDU-Fraktion erst einmal aus. In einem am Freitag von der B.Z. veröffentlichten Interview sagt er nun: „Es geht um temporäre Maßnahmen. Wir haben das nicht in der Hand. Wenn die Corona-Krise rasch vorbei ist, wird es wieder zu einer Eröffnung von Tegel kommen. Wenn es länger dauert, wird es nicht mehr dazu kommen.“

Für alle, die hoffen, dass in Tegel schon bald der allerletzte Flieger landet: Das Risiko, eine solche Wette zu verlieren, sinkt quasi täglich.

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