Jost Maurin über die Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern
: Mehr Geld für Erntehelfer!

Das wegen der Corona-Pandemie verhängte Einreiseverbot für osteuropäische Erntehelfer rückt einen gravierenden Missstand in den Fokus: Die Arbeitsbedingungen für die Aushilfen auf deutschen Feldern sind meist miserabel.

Die große Mehrheit dieser knapp 300.000 Beschäftigten bekommt nur den gesetzlichen Mindestlohn: 9,35 Euro brutto pro Stunde. Davon zieht der Arbeitgeber Geld etwa für die Unterkunft ab. Immer wieder wird durch betrügerische Berechnungen von Akkordlöhnen sogar das vorgeschriebene Minimum unterschritten. Viele Unterkünfte sind schlecht: enge Mehrbettzimmer in Containern, heruntergekommene Toiletten. Dafür müssen die Menschen harte Arbeit leisten: bei Wind und Wetter Spargel stechen oder Erdbeeren pflücken.

Die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft sind einfach nicht konkurrenzfähig. Aldi Nord zum Beispiel sucht auch gerade Aushilfen. Der Discounter verspricht mindestens 12,50 Euro brutto pro Stunde für einen Job im Verkauf oder in der Logistik. Das ist körperlich meist weniger anspruchsvoll und sauberer als ständig gebückt und in praller Sonne auf einem Feld zu arbeiten. Das sind Gründe, weshalb nur wenige Menschen aus dem Inland in der Agrarbranche aushelfen.

Wenn die Landwirte ihren Aushilfen mehr zahlen würden, würden sie mehr Arbeitskräfte in ihrer Nähe finden. Es gibt auch in Deutschland viele Menschen, deren Ausbildungsstand eher niedrig ist und deshalb an Aushilfstätigkeiten in der Landwirtschaft Interesse hätten. Dabei zeigt sich auch ein Vorteil kleinerer Höfe: Große Spargelbetriebe, die auf einen Schlag für ihre riesigen Anbauflächen 1.000 Arbeiter benötigen, finden wahrscheinlich kaum genügend Leute vor Ort. Kleinere Bauernhöfe dagegen werden ihren Bedarf leichter füllen können.

Übrigens: Die Verbraucher müssen keine Angst davor haben, dass Erntehelfer fairer bezahlt werden. Spargel beispielsweise würde sich nur um wenige Cent verteuern.

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