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Angst und Wut

Tausende kamen am Donnerstagabend auf den Hermannplatz, um der Opfer von Hanau zu gedenken

Von Elisabeth Kimmerle

Es ist eigenartig still am Hermannplatz – trotz Hunderter Menschen, die am Donnerstagabend gekommen sind, um der Opfer des rechten Terroranschlags in Hanau zu gedenken. Vielen ist die Erschütterung anzusehen. Sie umarmen einander, fragen, wie es geht. Manche tragen Fahnen mit der kurdischen Trikolore oder Schilder mit der Aufschrift „Stoppt die Brandstifter“.

Langsam füllt sich der Platz. Es sind türkische, kurdische und englische Sprachfetzen zu hören. Auf die Demo, zu der die Neuköllner Initiative „Kein Generalverdacht“ aufgerufen hat, sind viele Menschen gekommen, die nicht aussehen, wie sich Rechte Deutsche vorstellen. Und viele, die sich solidarisch zeigen wollen und ein Zeichen setzen gegen rechte Gewalt.

Nach einer Schweigeminute ist Raum für die Wut. Aus den Beiträgen antirassistischer Initiativen und Bündnisse spricht Empörung über eine Regierung, die von Einzeltätern spricht, über die Kontinuität rechter Gewalt in diesem Land und darüber, dass die Regierung den Schmerz und die Forderungen der Betroffenen seit Jahrzehnten nicht ernst nimmt.

„Ich finde keine Worte für meine Trauer, meine Angst und meine Wut“, sagt Ferat Koçak (Linke), der selbst Opfer eines rechten Anschlags wurde. „Deutschland, du hast ein Rassismusproblem.“ Die Menge, inzwischen sind es Tausende, skandiert „Alle zusammen gegen den Faschismus“, ein Slogan, der den ganzen Abend immer wieder zu hören sein wird.

In der ersten Reihe am Lautsprecherwagen stehen ältere Männer mit ernsten Gesichtern und Schnauzbärten. Als ein Paar mit einem Kleinkind dazukommt, erhellt sich die Miene eines der Männer kurz. Er streicht dem Kind mit der Hand zärtlich übers Gesicht. Dann zieht die Demo auf die Sonnenallee.

„Im Moment sind Zehntausende auf den Straßen. Dieser Zusammenhalt ist sehr wichtig“, sagt eine kurdischstämmige Demonstrantin. Ein anderer wollte eigentlich arbeiten, stattdessen entschloss er sich, zu kommen. „Ich brauche in diesem Moment die Unterstützung und wollte sie auch selbst anbieten“, sagt er. Er habe keine Hoffnung, dass der Staat den Anschlag mit rechtsextremen Gruppierungen in Verbindung bringt. „Ich mache mir Gedanken, wie wir uns als migrantische und demokratische Kräfte wehren können. Das wird nicht weniger werden, sondern mehr.“

Ekel vor den Medien

Als die Demospitze an der Weichselstraße angekommen ist, stehen immer noch De­mons­tran­t*in­nen auf dem Hermannplatz. Auf der Sonnenallee sind die Menschen aus den Cafés und Supermärkten auf die Straße gekommen, sie stehen zusammen, rauchen und filmen.

„Ich bin traurig und wütend“, sagt eine junge Demonstrantin, die vor fünf Jahren aus der Türkei nach Berlin gezogen ist. Sie sei nicht überrascht gewesen, als sie die Nachricht von Hanau gelesen habe. „Gleich danach war mir meine Reaktion zuwider. Mir wurde klar, wie sehr wir uns hier an das Trauma und den Schmerz gewöhnt haben“, sagt sie.

Am meisten ekele sie sich vor der Berichterstattung, den Medien, die bei einem Täter ohne Migrationsgeschichte sofort von einer Einzeltat sprechen. „Gleichzeitig geben mir die Menschen, die heute hier sind, Mut. Ich habe Kinder gesehen, die Plakate gegen rechts tragen, das ist die größte Hoffnung. Die Hoffnung zu verlieren, ist keine Option.“

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