Gigaskepsis gegen Tesla-Fabrik

Wirtschaftsminister Steinbach (SPD) und der Grünheider Bürgermeister Christiani hören die Sorgen der BürgerInnen anlässlich der geplanten E-Auto-Fabrik. Bürgerinitiative gegen Tesla wehrt sich gegen Rechte

„Tesla ist eine Chance für die Jugend“

Arne Christiani, Bürgermeister

Aus Grünheide Laura Binder

Am Freitagabend haben sich Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) und der parteilose Bürgermeister von Grünheide Arne Christiani dem Fragenhagel von rund 400 BürgerInnen gestellt. Menschen aus Grünheide, aber auch aus umliegenden Gemeinden wie Erkner, Fürstenwalde oder Petershagen strömten in die Aula der Privatschule Grünheide. Der Grund: Teslas neue Gigafabrik.

Seit etwas mehr als zwei Monaten ist bekannt, dass sich der US-Konzern mit der sogenannten Gigafactory in Grünheide ansiedeln möchte und dort jährlich bis zu 500.000 Elektroautos bauen will. Viele AnwohnerInnen fühlten sich bereits vor vollendete Tatsachen gestellt. Am Freitagabend durften sie Fragen stellen.

Seit drei Wochen liegen die Unterlagen zu Tesla für Interessierte öffentlich aus. Laut Grünheide-Bürgermeister Christiani haben sich die rund 5.000 Seiten in mehreren Aktenordnern aber nicht mal hundert Leute angesehen. Und das, obwohl es eine ganze Menge Fragen und Forderungen gibt.

„Die Gerüchteküche brodelt“, sagte Wirtschaftsminister Steinbach zu Beginn. „Es ist allerhöchste Zeit, das Thema zu entemotionalisieren.“ Und bekam vom Publikum dafür direkt Gegenwind. „Wieso nehmen Sie sich das Recht, mir zu sagen, ich solle nicht so emotional sein, wenn mein Leben zerstört wird?“, sagte Heidemarie Schröder, die Angst vor Tesla und der neuen Fabrik hat. Nach einer Viertelstunde war die Stimmung aufgeheizt.

Der brandenburgische Wirtschaftsminister blieb ruhig. Der Verkaufspreis des riesigen Areals, sagte Steinbach, werde zweifach kontrolliert, damit er nicht zu niedrig sei. Ein Ersatzwald für die gerodeten Flächen solle gepflanzt werden. Falls weiter entfernte Wasserquellen angezapft werden müssten, würde man die Mehrkosten nicht auf die Bevölkerung abwälzen. Auch würde sichergestellt werden, dass von dem Werk keine Gefahren für die Umwelt ausgingen.

Der Protagonist fehlt an diesem Abend in Grünheide allerdings: Tesla. Am Samstagmittag meldet sich dann Tesla-Chef Elon Musk im Online-Netzwerk Twitter zu Wort: „Es klingt danach, dass wir einige Dinge klarstellen müssen.“

Es war kritisiert worden, dass der Wasserverbrauch pro Stunde 372 Kubikmeter Wasser aus dem öffentlichen Trinkwassernetz betragen könne. Allerdings werde Tesla nicht an jedem Tag so viel Wasser verbrauchen, schrieb Musk: „Das ist möglicherweise ein seltener Fall einer Spitzennutzung, aber nichts, was jeden Tag vorkommt.“

Auch zu der kritisierten angekündigten Rodung von Wald äußerte sich der Firmenchef. Auf dem 300 Hektar großen Gelände gebe es keinen natürlichen Wald. Er sei zur Kartonherstellung angepflanzt worden, und nur ein kleiner Teil werde für die Fabrik verwendet.

Auch Bürgermeister Christiani sieht das am Freitagabend so: Jeder wisse, dass das Areal ein Gewerbegebiet sei. Zudem: „Das ist eine Chance, um auch die Jugend hierzubehalten.“

Die Bürgerinitiative gegen das Tesla-Projekt teilte am Samstag mit, man verzichtet vorerst auf Demonstrationen, weil man rechten Gesinnungen keine Plattform geben wolle. Unter die Teilnehmer von Veranstaltungen der vergangenen zwei Wochen hätten sich offenbar Teilnehmer aus der rechten Szene gemischt, sagte Schorcht. Entsprechende Vermutungen seien nun durch Videoaufnahmen bestätigt worden. Derzeit konzentriere sich die Bürgerinitiative auf das Verfahren zur Umweltverträglichkeit. „Da haben wir genug zu tun, sagte Schorcht.

Derweil gingen am Samstag die Tesla-Befürworter auf die Straße: Unter dem Motto ­„Gestalten statt verhindern“ demonstrierten rund 300 Bürger in Grünheide sagte Mitorganisator Martin Hildebrandt. (mit dpa)