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Bert Schulz hat sich die Pläne für die Büros in Zeiten der Digitalisierung in der Finanzverwaltung angesehenMit Laptop, Buddha und Faxgerät

Lange, meist nur mäßig neonbeleuchtete Gänge, alle paar Meter eine ockerfarbene Tür rechts und links, daneben graue Einschiebtürschilder mit Frau Meier oder Herrn Müller drauf, dahinter ein oder zwei Schreibtische: So sehen sie meistens aus, die Räume der Berliner Verwaltung, in denen Geburtsurkunden ausgestellt, Anträge auf Fördermittel bearbeitet, Prognosen erarbeitet werden. Nüchternheit gepaart mit Tristesse, aufgelockert durch ein paar Grünpflanzen.

Doch mit diesem Standardschnitt soll es bald vorbei sein, zumindest in der Berliner Finanzverwaltung. Dort hat eine Arbeitsgruppe in den vergangenen neun Monaten Ideen entwickelt, wie die Büros in Zeiten der Digitalisierung aussehen sollten. Vergangene Woche wurde das Pilotprojekt vorgestellt. Zwar fuhren keine Roboter durchs Zimmer und servierten Kaffee, aber die Veränderungen sind dennoch deutlich.

Viele kleine Einzelbüros wurden zu zwei größeren Räumen zusammengelegt. Statt Einheitsschreibtischen gibt es dort drei bis vier unterschiedliche Arbeitsplätze in unterschiedlichen Zonen, mal separiert, mal eng an eng. Der eigene Laptop ist Standard, er wird morgens aus den abschließbaren Spinden geholt. Und die Büromöbel sind ein bisschen bunter. „Wir haben Workshops gemacht mit den Kollegen der Abteilung, um herauszufinden, was ihnen bei der Arbeitsumgebung wichtig ist“, erklärt Ralf Meyer, digitalpolitischer Koordinator der Verwaltung. Heraus kam zum Beispiel, dass niemand mehr einen nach eigenen Ideen dekorierbaren Arbeitsplatz wolle. Zumindest nicht in dieser Abteilung.

Durch den offenen Raum sei die Kommunikation einfacher, der Informationsfluss schneller. Dennoch sei kein Großraumbüro entstanden, sondern eine Mischform, betont Meyer. Das sei aber noch nicht die endgültige Lösung: Sensoren in den beiden umgestalteten Räumen messen, welche Plätze und Ecken wie häufig genutzt werden. Wenn das Pilotprojekt erfolgreich ist, soll ein jüngst erworbenes Haus in der Nähe komplett nach den erarbeiteten Ideen für rund 120 Mitarbeiter ausgerüstet werden.

Finanzsenator Matthias Kollatz betont die Freiwilligkeit des Experiments. Keinem Mitarbeiter werde etwas übergeholfen. Letztlich solle so eine neue Arbeitskultur entwickelt werden. Von Vorteil auch für die Verwaltung: Wie das Projekt zeige, spart sie im Vergleich zu den normalen vielen kleinen Büros etwa 30 Prozent Platz.

Trotz Digitalisierung nutzt die Verwaltung immer noch Uralttechnik. Faxgeräte werde es auch weiter geben, sagt der Senator, es gebe sogar ein Recht der Bürger, darüber mit der Verwaltung zu kommunizieren. Dafür gibt es neues Karma: Auf einem der Regale steht ein kleiner Buddha.

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