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Privilegien nur für die einen

Foto: Klaus-Peter Wittemann

Janina Söhn, 47 Jahre alt, ist Soziologin am Sozio­logischen Forschungs­institut (Sofi) in Göttingen. Gefördert von der Deutschen Renten­versicherung hat sie zu Erwerbs­verläufen und Renten­ansprüchen von Mi­gran­t*in­nen in Deutschland geforscht.

taz: Frau Söhn, wenn ich 20 Jahre in meinem Herkunftsland arbeite und 20 in Deutschland. Was heißt das für meine Rente?

Janina Söhn: Das kommt auf Ihr Herkunftsland an. Es gibt drei Varianten. Erstens: Ihre 20 Arbeitsjahre im Ausland werden ignoriert. Das trifft noch heute auf etliche Nicht-EU-Länder zu. Zweitens: Es gibt ein Sozialversicherungsabkommen zwischen Ihrem Herkunftsstaat und Deutschland. Das trifft auf alle EU-Staaten zu, ebenso auf die meisten OECD-Staaten und einige andere. Und dann gibt es den Spezialfall der Aussiedler und Spätaussiedler aus den ehemaligen Ostblockstaaten: das Fremdrentengesetz, nach dem Deutschland die Zahlung übernimmt.

Was unterscheidet Sozialversicherungsabkommen und Fremdrentengesetz?

Beim Sozialversicherungsabkommen werden Versicherungszeiten zusammengezählt, und Sie bekommen aus beiden Ländern eine Rentenzahlungen, jeweils entsprechend Ihrer eingezahlten Beiträge. Beim Fremdrentengesetz hingegen übernimmt die Bundesrepublik die gesamte Rentenzahlung.

Und das bedeutet …

… dass Sie als Aussiedlerin in der Regel eine höhere Rente bekommen, als Sie sie in Ihrem Herkunftsland bekommen hätten. Der Staat tut so, als hätten Sie zum Beispiel als Ingenieurin Ihre Rentenbeiträge in Deutschland auf Basis eines durchschnittlichen deutschen Ingenieursgehalts bezahlt. Diese Regelung war zu Anfang sehr großzügig, insbesondere 1996 wurde das eingeschränkt. Aber es bleibt ein politisch gewolltes Privileg: Für diese spezifische Gruppe sollten migrationsbezogene Nachteile ausgeglichen werden.

Und die anderen Menschen aus der Region?

Für die Kontingentflüchtlinge wurde das nicht gemacht und auch nicht für alle anderen Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion. Für diese Fälle bräuchte es eben Sozialversicherungsabkommen.

Müsste es ein solches Abkommen mit jedem einzelnen UdSSR-Nachfolgestaat geben?

Genau so ist es. Mit Russland etwa gibt es seit Jahren Gespräche, mit der Ukraine wurde eines ausgehandelt, das aber noch nicht in Kraft getreten ist. Es wird auch retrospektiv für die Arbeitsjahre in der Sowjetunion gelten. Wenn man aber bedenkt, wie wenig Geld Rentner in der Ukraine bekommen, dürfte das keinen großen Unterschied machen.

Wieso?

Wir reden bei den schon verrenteten Kontingentflüchtlingen über viele Fälle, die mit dem Renteneintritt in die Grundsicherung fallen. Und da kommen jetzt ein paar hundert Euro drauf. Im besten Fall kommen sie damit gerade so aus der Grundsicherung heraus. Im schlechtesten Fall nicht, und dann wird das einfach angerechnet – und sie bekommen am Ende real gar nicht mehr Geld. Interview: Dinah Riese

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