Besuch auf der Grünen Woche Berlin: Wurst und Wodka

Auf der Grünen Woche koexistieren die Nachfolgestaaten der Sowjetunion friedlich und bieten allerlei Getränke an. Ein Rundgang.

Eine Wodka-Flasche auf einer Theke

Produktpräsentation in der russischen Halle Foto: Anastasia Magazowa

Russland ist raumgreifend – auch auf der diesjährigen Grünen Woche in Berlin. Fast eine ganze Halle unter riesiger Trikolore ist reserviert. Auf einer Bühne vor einem quadratischen Bildschirm und Videofilmen zum Thema Fischfang bemüht sich das Ensemble der baltischen Flotte Frohsinn zu verbreiten. Junge Männer in Schürzen von der „Russian Agriculture Bank“ sorgen mit Besen für klare Verhältnisse am Boden. „Oh, hier gibt es ja viele Regionen“, wundert sich eine Besucherin – angesichts des flächenmäßig größten Landes der Erde eine erstaunliche Erkenntnis.

So vielfältig die Anbieter – auch die Nordkaukasusrepublik Kabardino-Balkarien ist mit einem reichhaltigen Sortiment an Äpfeln vertreten –, so eintönig die Auslagen: trockenes Gebäck, bunt verpackte Bonbons und Wodka in allen Varianten. Der Mangel ist kein Zufall: Am Freitag war die Halle für mehrere Stunden geschlossen, weil 20 Schweinefleischwürste illegal aus Russland eingeführt und deshalb konfisziert worden waren.

Auch der Verkäufer in einem knallgelben Bus mit der Aufschrift „Istra Käserei Made in Russia“ versucht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Seiner Ware, einer Tonne Käse, war das gleiche Schicksal widerfahren. Daher liegen hinter einer Scheibe nur ein paar armselige Butterbrote. „Dabei sind unsere Produkte besser und teurer als Schweizer Parmesan“, sagt er. Seit der Verhängung der Sanktionen wegen der Annexion der Krim 2014 sind westliche Waren, darunter auch Hartkäse, mit einem Einfuhrstopp belegt.

Ein paar Hallen weiter und damit in sicherem Abstand zu Russland hat die Ukraine ihre zahlreichen Stände aufgeschlagen. Die Verkäuferinnen in traditionell bestickten Blusen, manche mit Blumenkränzen im Haar, haben schon um die Mittagszeit sichtbar vorgeglüht. Produkte sind nicht zu erwerben, dafür aber braten und köcheln überall traditionelle ukrainische Gerichte vor sich hin, wobei VegetarierInnen nichts zu lachen haben. „Wodka, Schaschlik“, ruft eine Frau hinter der Theke.

Eine Interessentin, die das Angebot studiert, Ukrainisch spricht und sich als ehemalige Bewohnerin der Krim outet, erntet einen skeptischen Blick. „Ich bin aus dem Westen der Ukraine, aus den Karpaten. Ich bin eine richtige Ukrainerin“, sagt ihr Gegenüber und rührt kräftig um.

Gewürze, Limo, Tee

An mehreren Ständen gibt es Bratwürste in Schneckenform samt Beilagen aus den teilweise von prorussischen Kämpfern besetzten Ostprovinzen Luhansk und Donezk. Na ja, die Produkte kämen natürlich nicht direkt von dort, sagt eine junge Verkäuferin etwas verlegen. Im richtigen Leben ist sie Studentin der Germanistik. Für genauere Informationen müsse man sich an den Organisator wenden.

Das muss man unter der weiß-roten Fünfkreuzflagge Georgiens nicht. Neben alkoholischen Getränken reihen sich hier Gewürze, bunte Limonaden und Tees aneinander. Ein Mann mittleren Alters, der aus Tiflis stammt und sich um eine ganze Armada verschiedener Weinsorten kümmert, ist auskunftsfreudig.

Er entschuldigt sich fast für das etwas einseitige Sortiment. Das wäre ganz anders, wenn die GeorgerInnen ein größeres Territorium hätten. Überhaupt habe er, anders als viele junge GeorgierInnen, kein Problem damit, Russisch zu sprechen: „Wie soll man denn sonst Geschäfte machen?“, fragt er, hadert aber doch mit der russischen Landmasse. „Man stelle sich vor“, sagt er, wenn eines Tages alle RussInnen gleichzeitig pinkeln, würde das kleine Georgien ersaufen. Darauf einen Tsinandali. Oder zwei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.