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: Konferenz in Berlin berät über Frieden in Libyen

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs, darunter die libyschen Gegenspieler Haftar und Sarradsch, ringen in Berlin um eine Waffenruhe. Wie die funktionieren soll, ist noch unklar

Das Neue

In Berlin haben zahlreiche Staats- und Regierungschefs am Sonntag über einen 55-Punkte-Plan für Libyen beraten. Der Entwurf der Gipfelerklärung, der nach Redaktionsschluss am Sonntag verabschiedet werden sollte und der taz vorliegt, sieht eine Selbstverpflichtung der Konferenzteilnehmer vor, nicht in den Konflikt einzugreifen und das UN-Waffenembargo gegen das Land einzuhalten. Beraten wurde auch über einen Waffenstillstand unter internationaler Überwachung, den Abzug von schwerer Artillerie von den Frontlinien sowie eine Entwaffnung der Milizen. Als vertrauensbildende Maßnahme war ein Gefangenenaustausch im Gespräch.

Der Kontext

Seit Monaten war auf die Berliner Konferenz hingearbeitet worden. Ziel des Treffens war es, die Voraussetzungen für die Beilegung des Konflikts zu schaffen. Neben den Anführern der libyschen Kriegsparteien – General Chalifa Haftar und Premierminister Fajis al-Sarradsch – waren die Präsidenten Russlands, Frankreichs, der Türkei und Ägyptens sowie zahlreiche Regierungschefs nach Berlin gereist. Die US-Regierung schickte Außenminister Mike Pompeo. Auch die Arabischen Emirate, Algerien, China, die Republik Kongo sowie die UN, die EU, die Arabische Liga und die Afrikanische Union waren vertreten.

Der Konflikt in Libyen drohte sich auszuweiten, nachdem die Türkei begonnen hatte, Militärs sowie Kämpfer aus Syrien nach Libyen zu verlegen. Sie stehen den Truppen Haftars gegenüber, der von Russland und mehreren arabischen Staaten unterstützt wird und seit April auf die Hauptstadt Tripolis vorrückt. Auch sollen Hunderte Söldner des russischen Unternehmens Wagner auf der Seite Haftars kämpfen.

Die Reaktionen

Schon im Vorfeld hatte die Berliner Konferenz Bewegung in den Konflikt gebracht. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte sich am Freitag für eine Friedenstruppe in Libyen ausgesprochen. „Wenn es einen Waffenstillstand in Libyen gibt, dann muss die EU bereit sein, bei der Umsetzung und der Überwachung zu helfen – eventuell auch mit Soldaten, etwa im Rahmen einer EU-Mission“, sagte er dem Spiegel. Am Samstag pflichtete ihm Sarradsch bei. Der Welt am Sonntag sagte er: „Eine solche Schutztruppe muss unter dem Dach der UN agieren. Dann müssen Fachleute beraten, wer daran teilnimmt, etwa die EU oder die Afrikanische Union oder die Arabische Liga.“

Die Konsequenz

Es bleibt abzuwarten, ob ein Waffenstillstand tatsächlich durchgesetzt wird und die ausländischen Kräfte wirklich bereit sind, ihre Einmischung zurückzufahren. Die Bundesregierung will die Konferenz als Auftakt zu einem politischen Prozess verstanden wissen – das heißt: Auf den Gipfel würden weitere Treffen folgen. Unter anderem ist eine libysch-libysche Konferenz denkbar, auf der die Kriegsparteien direkt miteinander ins Gespräch kommen. Dies war am Sonntag in Berlin noch nicht der Fall.

Mirco Keilberth, Jannis Hagmann