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Verbot mit Ankündigung

Nach langem Zögern geht das Bundesinnenministerium gegen eine Neonazi-Gruppierung vor, die sich als „Kampfgruppe Adolf Hitler“ versteht und Schießübungen betreibt

Combat-18-Mitglied Robin S. im Mai 2019 auf einer Demo in Dortmund Foto: Roland Geisheimer/attenzione

Von Sabine am Orde

Es war im vergangenen Juni, nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, als Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ankündigte, er lasse das Verbot von sechs Neonazi-Organisationen prüfen. Auch wenn Seehofer es nicht öffentlich aussprach, war klar: Eine davon wird „Combat 18“ sein. KennerInnen der Szene hatten ohnehin nicht verstanden, warum die Gruppe, die als bewaffneter Arm des Neonazi-Netzwerks „Blood and Honour“ gilt, nicht schon längst verboten worden war. Bei „Blood and Honour“, das einst von „führerlosem Widerstand“ und „Rassenkrieg“ sprach, war dies bereits 2000 der Fall.

Am Donnerstagmorgen nun meldete das Innenministerium Vollzug: Seehofer habe Combat 18, die sich selbst als „Kampfgruppe Adolf Hitler“ versteht, verboten. Mehr als ein halbes Jahr hatten die Neonazis Zeit, sich darauf vorzubereiten. 210 PolizeibeamtInnen durchsuchten die Wohnungen führender Vereinsmitglieder in Thüringen, Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, NRW und Rheinland-Pfalz.

„Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, sagte Seehofer. Combat 18 sei eine neonazistische, rassistische und fremdenfeindliche Vereinigung, die in ihrer Zweckrichtung eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweise.

Combat 18 wurde 1992 in England als Saalschutz der rechtsradikalen British National Party gegründet und galt schnell als gefährlichste Gruppe der Szene. Ende der 90er Jahre weitete sich das internationale Netzwerk auch auf Deutschland aus. Untereinander verpflichten sich die Mitglieder zu strenger Verschwiegenheit. Ihr Motto: „Brüder schweigen – whatever it takes.“

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden gibt es in Deutschland „mindestens 20 Mitglieder“. So steht es in der Antwort auf eine Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic vom 17. Januar, die der taz vorliegt. Danach kommen die Mitglieder quartalsweise zu Pflichttreffen zusammen, zusätzlich zu privaten Feiern und Rechtsrockkonzerten. Ein Mitglied soll im Besitz eines Waffenscheins sein. Zweimal waren die Mitglieder von Combat 18 zu Schießübungen im Ausland, im Mai 2014 und September 2017. In der Antwort des Innenministeriums heißt es aber auch: Anhaltspunkte, „die aktuell auf die Entstehung einer rechtsterroristischen Vereinigung hindeuten“, lägen nicht vor.

210 BeamtInnen durchsuchten Wohnungen in sechs Bundesländern

Mihalic bezeichnete das Verbot als „überfällig“ und zeigte sich bestürzt darüber, „wie ­wenig Kenntnisse die Bundesregierung ausweislich ihrer Antwort hinsichtlich ­einer Gefahren­einschätzung von Com­bat 18 hatte“.

Allein in NRW zählte das Bundeskriminalamt zuletzt 84 Straftaten, die Combat-18-Mitgliedern zugerechnet werden: darunter gefährliche Körperverletzungen und Verstöße gegen das Waffengesetz.

Durchsucht wurde am Donnerstag auch die Eisenacher Wohnung von Stanley R. aus Nordhessen, den das hessische Landeskriminalamt schon vor Jahren intern als „Deutschlandchef“ von Combat 18 bezeichnet hatte. Fotos zeigen R. vor Jahren zusammen mit dem mutmaßlichen Lübcke-Mörder Stephan Ernst. R. gilt als extrem gewaltbereit. Als zweiter führender Kopf gilt der Dortmunder Robin S., ein früherer Brieffreund Bea­te Zschäpes, der lange in Haft saß, weil er einen Migranten niederschoss.