„Windbürgergeld“ soll Widerstand brechen

Die SPD will Akzeptanz für Anlagen steigern: Neben Geld für Gemeinden und Anlieger sind Einschränkungen beim Klagerecht geplant. Es geht um die Rettung der Energiewende

Hier sollen alle mitverdienen: Windpark in Gemünd in der Eifel Foto: Oliver Berg/dpa

Von Bernward Janzing

Mit einem sogenannten Windbürgergeld will die SPD den Widerstand gegen den Bau von Windkraftanlagen abmildern. „Diejenigen, die Windräder in ihrer Nachbarschaft akzeptieren und damit den Ausbau der erneuerbaren Energie ermöglichen, sollen belohnt werden“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Dies könne einerseits durch Zahlungen an die Kommunen geschehen. Doch SPD-Umweltexperte Miersch denkt noch weiter: „Wir müssen auch direkte finanzielle Anreize für die Bürger schaffen, die in solchen Gebieten leben.“ In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe würden derzeit mehrere Konzepte geprüft, um die Akzeptanz gegenüber Windrädern zu erhöhen. Im ersten Quartal 2020 wolle sich die Koalition einigen.

Zugleich will die SPD die Möglichkeiten einschränken, mit Klagen Windräder zu verhindern. „Langatmige Planungsprozesse wie jetzt werden wir uns nicht mehr erlauben können, wenn wir die enorme Transformation bewältigen wollen“, sagte Miersch. Deswegen werde man „über eine Reform des Planungsrechts reden, also über höhere Hürden, gegen die Windkraft vorzugehen“.

Auslöser der Vorstöße ist die Erkenntnis, dass der Einbruch beim Ausbau der Windkraft das Ziel der Regierung gefährdet, den Anteil der Erneuerbaren im Strommix bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Im Jahr 2019 lag ihr Anteil, bezogen auf den Bruttostromverbrauch, bei etwa 43 Prozent. Allerdings wurden bis einschließlich November bundesweit nur 160 neue Windkraftanlagen gebaut – der tiefste Wert seit zwanzig Jahren.

Miersch bezeichnete seine Pläne als „nächsten großen Prüfstein für die Große Koalition“. Von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet er zudem eine flexiblere Entfernungsregelung anstelle der derzeit geplanten 1.000 Meter Mindestabstand aller Anlagen zu Wohngebieten. Speziell die Definition der Wohnbebauung, die derzeit ab fünf Häusern greift, steht dabei in der Kritik.

Die Vorschläge aus der SPD-Bundestagsfraktion sind nicht gänzlich neu. Die Idee, mit Geldzahlungen an Anrainer die Konflikte durch Windräder einzudämmen, wurde in einigen Bundesländern bereits umgesetzt: Mecklenburg-Vorpommern hatte 2016 beschlossen, dass bei neuen Windparks mindestens 20 Prozent der Anteile den Gemeinden und den Bürgern in einem Umkreis von fünf Kilometern zu den Anlagen anzubieten sind.

Im vergangenen Sommer hatte auch das Land Brandenburg ein Gesetz beschlossen, um „die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu erhöhen und die regionale Wertschöpfung zu steigern“. Das soll geschehen, indem Betreiber jeder neuen Windkraftanlage 10.000 Euro im Jahr als Sonderabgabe an Gemeinden im Umkreis von 3 Kilometern abführen müssen. Das Geld soll so ausgegeben werden, dass „für die Einwohner ein Bezug zu den aus der Windenergieerzeugung generierten Geldmitteln erkennbar“ ist. Kritiker bemängeln dagegen, die Gemeinden könnten auch durch die Gewerbesteuer ausreichend von den Anlagen profitieren.

Die Grünen, die im Bundesrat bei vielen Gesetzen mitreden können, begrüßten Mierschs Vorstoß: „Wir sind gerne bereit, mit der Union und SPD über finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten zu sprechen“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. Dafür müsste aber die 1.000-Meter-Abstandsregelung vom Tisch. Protest kam dagegen von der FDP: „Die SPD möchte den Menschen ihre politische Meinung zur Energiewende mit dem Geld des Steuerzahlers abkaufen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann.

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