Alternativer Nobelpreis: Kämpferin für Frauenrechte

Die chinesische Anwältin Guo Jianmei wird für ihren jahrelangen Mut ausgezeichnet. Nach Stockholm konnte sie aber nicht reisen.

Guo Jianmei

Für ihren Einsatz für Frauenrechte in China ausgezeichnet: Guo Jianmei Foto: Qianqian Law Firm

Dass die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg am Mittwoch nicht in Stockholm sein konnte, weil sie gerade zur Klimakonferenz nach Madrid reist, ist hinlänglich bekannt. Deshalb nahm die 16-Jährige den sogenannten Alternativen Nobelpreis (offiziell: Right Livelihood Award) in ihrer Heimatstadt nicht persönlich entgegen.

Doch es fehlte noch eine andere der diesjährigen Preisträgerinnen bei der Zeremonie in Stockholm: die chinesische Anwältin Guo Jianmei. Sie wäre gern gekommen. Der Preis „erkennt die Anstrengungen von meinem Team und von mir an, die Rechte der Frauen und der Rechtsstaatlichkeit in China zu vertreten“, sagte sie der hinter dem Preis stehenden Stiftung. Die Auszeichnung sei eine Ermutigung und Motivation.

Doch Gründe für Guos Fernbleiben sind in Stockholm auch auf Nachfrage nicht zu erfahren. Es ist zu vermuten, dass ihr die Reise von Chinas Behörden verboten wurde. Zwar ist sie wie viele andere Menschenrechtsanwälte in China noch nicht verhaftet worden. Doch musste sie schon zweimal ihre Rechtsberatungsorganisationen für Frauen schließen.

Die heute 58-jährige Guo stammt aus einem armen Landkreis in der Provinz Henan. Doch sie schaffte es auf die juristische Fakultät der Peking Universität und danach als Juristin ins Justizministerium, in den Anwaltsverband und den nationalen Frauenverband, eine von der KP kontrollierte Massenorganisation. Immer wieder wurde sie Zeugin von der rechtlichen Benachteiligung der Frauen in China.

4.000 Prozesse gefochten

Inspiriert durch die UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking, bei der sie mit internationalen Frauenrechtlerinnen und Nichtregierungsorganisationen in Kontakt kam, baute sie fortan eine eigene Rechtsberatungsorganisation für Frauen auf, zunächst angesiedelt an der Pekinger Universität. Seitdem hat Guo mit ihrem Team landesweit rund 4.000 Prozesse für Frauen gefochten, an der Revision des Ehegesetzes mitgearbeitet und einen Rechtsleitfaden für Frauen geschrieben.

Sie scheut sich auch nicht vor äußerst heiklen Fällen zurück. So vertrat sie eine Frau, die in einem „schwarzen Gefängnis“ von einem Wärter vergewaltigt worden war. Diese „schwarzen Gefängnisse“ sind informelle Haftzentren außerhalb des Gesetzes. In ihnen werden Menschen weggesperrt, die insbesondere den Provinzbehörden ein Dorn im Auge sind.

Denn diese wollen verhindern, dass Beschwerden über sie die Zentralregierung in Peking erreichen. Die Regierung in Peking hat stets die Existenz dieser Gefängnisse bestritten. Umso heikler ist es – wie es Guo auch gelang –, deren Existenz in einem chinesischen Prozess nachzuweisen und diesen dann auch noch in erster Instanz zugunsten des Opfers zu gewinnen.

Inzwischen hat sich, auch dank Guo, die Rechtslage chinesischer Frauen verbessert. Doch Guo macht sich keine Illusionen: „Gesetze sind in China ‚schlafende Schönheiten‘“, sagt sie. „Würden Chinas Gesetze wirksamer umgesetzt, müsste es große Verbesserungen für die Rechte und Interessen der Frauen geben.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.