„Stern“ schwärzt eigenen Text: Leider nicht verfügbar

Der „Stern“ hat in seinem E-Paper eine Reportage aus dem Trump-Hotel geschwärzt. Das Magazin fürchtet juristische Verfahren.

Eingang des Trump-Hotels in Washington.

Aus diesem Hotel von Donald Trump stammt die geschwärzte Reportage aus dem „Stern“ Foto: Shawn Thew/EPA/dpa

Wer den aktuellen Stern als ­E-Paper liest, findet darin drei komplett schwarze Seiten vor, auf denen eigentlich Text stehen sollte. Eine Reportage aus dem Trump-Hotel in Washington D.C. Wie die Süddeutsche gleich am Mittwoch bemerkte, erschien der Text in der gedruckten, aber nicht in der Digitalausgabe. Warum? Der Verlag fürchtet teure juristische Verfahren, sollte der Text im Ausland gelesen werden.

Der Stern wird zu gut 5 Prozent als E-Paper verkauft. Von 460.000 Heften pro Woche sind knapp 25.000 rein digital. Diese Ausgaben enthalten die Hotel-Geschichte nun nicht – stattdessen den Hinweis: „Diese Strecke wurde aus juristischen Gründen geschwärzt.“

Eigentlich gilt ja: Entweder eine Geschichte stimmt, dann steht man als Verlag zu ihr, oder aber man bringt sie gar nicht. Warum also das Gewusel mit der Teilauflage? Und vor allem: Was soll nun aber ein*e Leser*in des E-Papers mit schwarzen Seiten und einem Satz anfangen, der sich kaum „Transparenzhinweis“ schimpfen darf?

Womöglich wird sie, die Neugier zu stillen, losziehen und den Print-Stern kaufen, um herauszufinden, was für eine außerordentliche Enthüllung da gleich am Veröffentlichungstag geschwärzt werden musste. Dort wird sie eine Reportage aus der Lobby des Trump-Hotels in Washington D.C. vorfinden. Keine Enthüllung, kein Porträt eines berüchtigten klagefreudigen Promis.

Korrespondent aus der Hotellobby

Das Trump-Hotel in der US-amerikanischen Hauptstadt ist ein Faszinosum. Allein, dass das ehemalige Postamt mit der Adresse Pennsylvania Avenue 1100 als einziges Gebäude den streng geometrischen Grundriss der Innenstadt durchbrechen darf, liefert schon genug Symbolik für die Trump-Präsidentschaft.

Dass der Dauerpächter Trump hier, exakt in der Mitte zwischen Weißem Haus und Capitol, ein Hotel betreibt, wird regelmäßig kritisiert. Die üppige Lobby ist längst Touriattraktion und Treffpunkt für echte und Möchtegern-Rechtsaußen. Klar, dass sich Reporter dort gerne niederlassen, um den ganzen Wahnsinn zu beschreiben.

Der Text tut aber nicht nur das, sondern zählt auf, wer alles in dem Laden absteigt. Da ist die Rede von Lobbyisten und Diplomaten aus den Golfstaaten, von Staatschefs unter Korruptionsverdacht, ausländischen Regierungen, deren Buchungen Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein sollen. Quelle dafür ist der Washingtoner Journalist und Blogger Zach Everson, der seit Jahren sozusagen als Hotellobby-Korrespondent von genau diesem Ort berichtet. Everson hat die Besuche dokumentiert, die der Stern aufzählt.

Teure Verfahren

Konkrete Anhaltspunkte für Korruption hat der Text nicht, es wird bloß geraunt. Könnte. Womöglich. Wäre ja ein ­Wunder, wenn nicht, soll sich die Leser*in denken. Und weil da genügend Namen drinstehen, die klagen könnten, hat der Stern den Text geschwärzt.

Laut Stern-Sprecherin handelt es sich um eine vorsorgliche Maßnahme – es habe keine Anzeichen vorab gegeben, das jemand klagen könnte, heißt es auf taz-Anfrage. „Routinemäßig nimmt unsere juristische Abteilung bei Texten eine Risikobewertung vor.“ Hier sei man zu dem Schluss gekommen, dass das Klagerisiko zu groß sei, „obwohl faktisch alles richtig ist“.

Selbst ein gewonnener Prozess in den USA könne für den Stern teuer werden. Eine solche Schwärzung sei auch in der Vergangenheit schon mehrmals vorgekommen. Allerdings überlege man, künftig solche Schritte anders transparent zu machen, als bloß durch den Hinweis auf „juristische Gründe“.

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