Regierung in Finnland: Antti Rinne tritt zurück

War er früher selbst ein knallharter Verhandler der Gewerkschaftsbewegung, stolpert der finnische Regierungschef jetzt über einen Post-Streik.

Der ehemalige finnische Regierungschef Antti Rinne im Porträt

Nimmt seinen Hut nach nur wenigen Monaten: Finnlands sozialdemokratischer Ministerpräsident Foto: reuters

Für Antti Rinne endet das Jahr 2019 so, wie es begonnen hat. Gar nicht gut. Hatte sich der Vorsitzende der finnischen Sozialdemokraten im Weihnachtsurlaub mit Ehefrau Heta eine Lungenentzündung geholt, die zu einer Herzbeutelentzündung führte, wegen der er ausgerechnet in der Endphase des Wahlkampfs ausgefallen war, musste er am Dienstag seinen Rücktritt als Ministerpräsident erklären. Dieses Amt hatte er erst am 6. Juni angetreten.

Ein Regierungschef, der seinen Posten nach weniger als sechs Monaten schon wieder räumen muss, ist zwar kein finnischer Rekord – Anneli Jäätteenmäki hatte diesen 2003 mit nur 63 Tagen Amtszeit aufgestellt, dafür kam Rinnes Goodbye aber ausgesprochen überraschend. Noch am Vortag hatte er einen solchen Schritt weit von sich gewiesen.

Fasst sein ganzes berufliches Leben lang hatte der 57-jährige Jurist in der Gewerkschaftsbewegung gearbeitet. Bevor er 2014 Parteivorsitzender wurde, war er Chef der Angestelltengewerkschaft. Er galt als „harter Hund“, der schnell bereit war, zur Streikwaffe zu greifen, um den Forderungen seiner Mitglieder Nachdruck zu verleihen. Ausgerechnet über eine gewerkschaftliche Frage und einen Streik stolperte er nun als Regierungschef.

Es begann mit den Plänen der finnischen Post, 700 Paketsortierer in eine Tochtergesellschaft zu überführen, was gleichzeitig den Übergang ihrer Tarifverträge von der Post- zur Mediengewerkschaft bedeutet hätte. Die Idee dahinter: niedrigere Löhne. Die Postler wollten sich das nicht gefallen lassen. Es kam zu einem zweieinhalbwöchigen Streik, der im November über Sympathieaktionen anderer Gewerkschaften große Teile des öffentlichen Lebens Finnlands lahmlegte.

Die Opposition witterte Morgenluft

Als Gewerkschafter hatte sich Rinne stets gegen solche Tricks, bei der Firmen über Tochtergesellschaften geltende Tarifverträge auszuhebeln versuchen, gewandt. Auch als Regierungschef hielt er sich nicht mit Kritik an der Post zurück. Weder er noch seine für die Post zuständige Ministerin Sirpa Paatero hätten von diesen Plänen gewusst. Die Post aber bestritt dies: Sie habe schon im Spätsommer über ihr Vorhaben informiert, ohne dass die Regierung reagiert hätte. Vergangenen Freitag dann musste Ministerin Paatero ihr Amt räumen. Der Vorwurf: Sie habe die Unwahrheit gesagt. Die Opposition aus Konservativen und Wahren Finnen witterte Morgenluft. Hatte Rinne dann womöglich auch gelogen?

Das steht bislang nicht fest. Aber das rechtsliberale Zentrum, das zusammen mit Grünen, Linken und Sozialliberalen zu Rinnes Fünfparteienkoalition gehört, teilte am Dienstag mit, kein Vertrauen mehr in den Ministerpräsidenten zu haben. Einem für Mittwoch terminierten Misstrauensvotum im Parlament kam dieser dann mit seinem Rücktritt zuvor.

Vermutlich bleibt es beim Austausch des Regierungschefs. An Neuwahlen dürfte auch das Zentrum nicht interessiert sein. Nach aktuellen Umfragen könnten die nämlich eine Rechtsregierung unter Führung der Wahren Finnen zum Resultat haben.

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