Politische Gewalt in Hongkong: Messerstecher verletzt Politiker

In Hongkong ist der umstrittene Politiker Junius Ho Kwan-yiu niedergestochen worden. Die Polizei prüft nun das Motiv des Angreifers.

Ein Mann diskutiert mit einem anderen Mann und hebt den Zeigefinger.

Der pekingfreundliche und hitzköpfige Junius Ho ist für viele Hongkonger eine Reizfigur Foto: Thomas Peter/reuters

BERLIN taz | Mit einem Blumenstrauß in der Hand geht der Mann mit dem Basecap auf den Politiker Junius Ho Kwan-yiu zu, der Mittwochmorgen im Hongkonger Stadtteil Tuen Mun um Stimmen für die Lokalwahl am 24. November wirbt. Als Ho die Blumen annimmt, zieht der Mann überraschend ein Messer und sticht auf Ho ein. Der kann das Messer noch mit dem Arm abwehren, bevor zwei Helfer herbeistürzen und alle vier ringend zu Boden fallen.

Ein Video hat das Attentat auf den umstrittenen, pekingfreundlichen Politiker festgehalten. Der 30-jährige und laut Polizei arbeitslose Angreifer wurde festgenommen und wie Ho und ein Mitarbeiter verletzt. Laut South China Morning Post prüfe die Polizei, ob die Tat begangen wurde, um Anerkennung bei der Protestbewegung zu bekommen.

Angegriffener Politiker Ho ist eine Reizfigur

Ho ist einer der umstrittensten pekingtreuen Politiker der autonomen südchinesischen Metropole Hongkong. Er ist eine Reizfigur und drohte selbst schon mit Gewalt. Im Juli wurde er gefilmt, wie er einen Schlägertrupp beglückwünschte, der an einem U-Bahnhof Passanten zusammengeschlagen hatte, die von einer regierungskritischen Demonstration kamen. 45 Personen waren damals zum Teil schwer verletzt worden. Kurz darauf zerstörten Unbekannte Hos Wahlkreisbüro.

Erst Ende Oktober wurde Ho von einer britischen Universität wegen seiner Nähe zu dem Schlägertrupp die Ehrendoktorwürde aberkannt. Ho war auch schon gegenüber Homosexuellen ausfällig geworden und hatte in einem Interview den liberalen Politiker Eddie Chau mit dem Tod bedroht. Das bestritt er später. Andererseits hatte Ho im Juli 2017 als einziger Peking-freundlicher Politiker Hongkongs für einen Antrag im Legislativrat gestimmt, das sogenannte Tiananmen-Massaker von 1989 „niemals zu vergessen“.

In Hongkong war zuletzt am vergangenen Sonntag ein älterer Mann mit einem Messer auf prodemokratische Demonstranten losgegangen und hatte dann dem Lokalpolitiker Andrew Chiu, der ihnen zu Hilfe kam, ein halbes Ohr abgebissen.

Hongkong war früher sehr friedlich und kannte kaum politische Gewalt. Das hat sich verändert. Viele Politiker berichten von Drohungen und bei den seit fünf Monaten andauernden Massenprotesten kommt es inzwischen oft zu Gewalt zwischen Polizei und Demons­tranten.

Spekulationen um Inszenierung

Jetzt kursieren in Hongkong Spekulationen, dass die Wahlen abgesagt werden könnten – wofür die Gewalt ein willkommener Vorwand sein könnte. Manche Beobachter rechnen mit Stimmenzuwächsen für die Vertreter der Demokratiebewegung.

Andere Stimmen wundern sich über den Angriff auf Ho. Dieser sei direkt vor Überwachungskameras erfolgt und sehr gut dokumentiert. Deshalb könnte er auch inszeniert gewesen sein, um Stimmung gegen die Protestbewegung zu machen. Denn bisher waren mehrheitlich Politiker der Demokratiebewegung die Opfer von Gewalt.

Zu Wochenbeginn traf Regierungschefin Carrie Lam Chinas Präsidenten Xi Jingping in Schanghai. Er stärkte ihr den Rücken und forderte, „gewaltsame Aktivitäten im Einklang mit dem Recht zu unterbinden und zu bestrafen“. Beobachter rechnen damit, dass die Regierung mit Hilfe Pekings versuchen wird, die Proteste gewaltsam zu unterdrücken.

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