: Kretschmann wird emotional
Im Bundesrat fordern die Grünen mit Nachdruck Veränderungen am Klimapaket der Bundesregierung
Aus Berlin Dorian Baganz
Es falle ihm schwer, den üblichen nüchternen Ton im Bundesrat nicht zu verlassen, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitag zu Beginn seiner Rede zum Klimapaket. Was die Bundesregierung vorgelegt habe, sei weder schnell noch wirksam genug, kritisierte der grüne Landeschef. „In der Summe ist es zu wenig.“ Die Pariser Klimaziele würden dadurch nicht erreicht.
Am Freitag waren die Maßnahmen zum Klimaschutz, die das Kabinett in einer Nachtsitzung im September beschlossen hatte, erstmals Thema in der Länderkammer. Wie sich die Grünen dazu positionieren, ist maßgeblich. An neun Landesregierungen sind sie beteiligt, das gibt ihnen die Möglichkeit, die zustimmungspflichtigen Teile des Pakets zu verzögern oder zu blockieren. Kretschmann machte klar, dass er und seine Parteifreunde Nachbesserungen verlangen werden, und zwar wenn nötig im Vermittlungsausschuss.
Hart kritisierte er den von der Bundesregierung geplanten Emissionshandel. Ein CO2-Preis, der unter 40 Euro liegt, sei für die an den Landesregierungen beteiligten Grünen „nicht akzeptabel, weil er keine Lenkungswirkung entfalten kann“, sagte Kretschmann. Im Paket ist ein Einstiegspreis von 10 Euro pro Tonne vorgesehen, der bis 2025 schrittweise auf 35 Euro angehoben wird. „Das bedeutet drei Cent mehr für einen Liter Benzin. Das ist die Tagesschwankung an einer Tankstelle“, donnerte Kretschmann.
Wie die taz auf Nachfrage beim Bundesumweltministerium erfuhr, bedarf der Emissionshandel allerdings nicht der Zustimmung des Bundesrates. Kretschmann nannte aber weitere Komponenten des Klimapakets, die von den Ländern gebilligt werden müssen: die energetische Gebäudesanierung, die Förderung des Bahnverkehrs und der Ausbau der Windkraft. Hier müsste ordentlich „nachgebessert“ werden. Die Zeit drängt, schon Ende November soll der Bundesrat über das Klimapaket abstimmen.
Der von der Bundesregierung favorisierte Zertifikatehandel wird auch von anderer Seite in Frage gestellt: Mitte der Woche machten Linkspartei und FDP den Umweltausschuss des Bundestages darauf aufmerksam, dass dieser verfassungswidrig sein könnte. Grund: Er wirkt wie eine Steuer, ohne eine Obergrenze festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die künstliche Verknappung des Angebots jedoch zur Bedingung für die Zulässigkeit des Systems gemacht.
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