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Zweierlei Gehalt in Kitas

Eine Petition an die Bremische Bürgerschaft kritisiert, dass nur Erzieher*innen mehr Gehalt bekommen, die in schwierigen Stadtteilen arbeiten. Das benachteilige andere Bremer Kitas

Von Eiken Bruhn

Mit der ungleichen Bezahlung von Erzieher*innen in Bremen beschäftigt sich am heutigen Freitag der Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft. Die Petentin Juliane Bischoff kritisiert die Entscheidung der Stadt Bremen, Erzieher*innen, die in sogenannten „sozial belasteten“ Einrichtungen arbeiten, mehr Gehalt zu zahlen als anderen. Sie fordert eine Ausdehnung auf alle Erzieher*innen.

Seit April gilt die neue Tarifregelung für die Angestellten beim städtischen Eigenbetrieb Kita Bremen. Rund 60 Prozent der Beschäftigten wurden von der Tarifgruppe 8a in die Gruppe 8b hochgestuft. Es geht nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di um einen Gehaltsunterschied von 67 bis 448 Euro, abhängig von der Beschäftigungsdauer und der Qualifikation. Ab dem kommenden Jahr sei dies auch anderen Trägern von Kindertagesstätten möglich, sagte am Donnerstag eine Sprecherin der Bildungssenatorin.

Die Petentin sieht den Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn die anderen Erzieher*innen „für die gleiche Arbeit, die gleiche Ausbildung und eine gleichlautende Tätigkeitsbeschreibung, in zum Teil schlechter gestellten Einrichtungen (sowohl personell als auch durch Sachmittel) eine unterschiedliche Entlohnung erhalten“.

Weiter schreibt sie in der Petition: Dies führe „zu einer Spaltung der Belegschaft und im schlimmsten Fall zu einer Demotivierung der Mitarbeiter“, was Auswirkungen „auf die pädagogische Arbeit mit unseren Kindern“ habe. Zudem befürchtet sie eine „Verschiebung des Personals zugunsten der sozial belasteten Einrichtungen“. Die anderen Kitas würden aufgrund der schlechteren Entlohnung unattraktiver, Stellen dadurch schwerer zu besetzen. „Bereits jetzt sind Notdienste und Einschränkungen in vielen Häusern an der Tagesordnung.“ 100 Erzieher*innen fehlten Kita Bremen derzeit – die meisten nach Angaben von Ver.di in den als schwierig geltenden Stadtteilen.

Eine „massenhafte Abwanderung“ sei nicht zu beobachten, teilt die Senatorin für Kinder und Bildung in einer Stellungnahme mit. Es habe vereinzelt Versetzungsanträge gegeben, sagte ihre Sprecherin der taz.

Zudem sei es innerhalb des geltenden Tarifvertrags nicht möglich, pauschal alle Mitarbeiter*innen höher einzugruppieren. Dies sei nur möglich, wenn jemand „besonders schwierige fachliche Tätigkeiten“ übernehme. Laut dem für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifvertrag sind dies etwa „Tätigkeiten in Integrationsgruppen“ oder „in Gruppen von behinderten Menschen oder von Kindern mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten“.

Damit solle „die besonders herausfordernde Arbeit in Einrichtung in sozial benachteiligten Stadtteilen gewürdigt werden und durch besondere Anreize eine auskömmliche Personalbesetzung in diesen Stadtteilen sichergestellt werden“, teilt die Senatorin mit.

„Natürlich kann der Senat die Höhergruppierung aller Erzieher*innen beschließen“, sagt Jörn Kroppach von der Gewerkschaft Ver.di. Hannover habe dies auch getan und manche Kommunen wie Frankfurt oder München würden noch eine Fachkräftezulage von bis zu 500 Euro oben drauf zahlen, weil die Mieten so hoch seien.

Bei der Definition „besonders schwieriger fachlicher Tätigkeiten“ habe der Arbeitgeber große Gestaltungsmöglichkeiten. „Aus unserer Sicht ist die Arbeit in jedem Kindergarten belastend.“ Zudem habe der Senat frei definiert, ab wann eine Einrichtung als „sozial belastet“ gelte.

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