: Kein Ort für Luxus
Scheindialog um Karstadt am Hermannplatz
Von Luise Land
„Kein Abriss, keine Aufwertung, keine Verdrängung“ steht auf einem Banner, den Mitglieder der Initiative Hermannplatz im Innenhof des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz in die Höhe halten. Vor ihnen stehen Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), Vorstand der Karuna Sozialgenossenschaft, Jörg Richert, Henning Voget vom ADFC und Thibault Chavanat, Projektleiter beim Immobilienunternehmen Signa, das am Samstagmittag bei einem Hoffest mit Anwohner*innen einen Dialog zur Zukunft des Karstadt-Gebäudes anschieben möchte.
Bereits Ende August hatte Florian Schmidt in Absprache mit Neuköllner Kolleg*innen die ambitionierten Planungen von Signa abgelehnt. Von einem Balkon aus zeigt ein Mann den vier Männern seinen Mittelfinger.
Auch die zum Hoffest erschienenen Anwohner*innen vom Hermannplatz sind von diesem versuchten Dialog offensichtlich nicht begeistert. Als der Kreuzberger Autor Lars Bretthauer nachfragt, wo denn der soziale Aspekt in den Ideen des Unternehmens Signa liege, klatschen die Anwesenden. Viele von ihnen halten Flyer von der Initiative Hermannplatz in der Hand. Auf diesen stehen Sätze wie „Wir lassen nicht zu, dass die Profitinteressen privater Konzerne unsere Kieze bestimmen“ und „Noch mehr Spekulationen und Verdrängung von Bewohner*innen und Kleingewerbe“. Die Initiative, die sich anlässlich der Neubaupläne am Hermannplatz gegründet hatte, bezeichnet den Dialog des Unternehmens als „Scheindialog“.
„Wir wollen sowohl Karstadt erhalten und zukunftsfähig machen als auch neue Möglichkeiten am Hermannplatz für alle Anwohner*innen schaffen“, sagt dagegen Projektleiter Chavanat. Signa wolle für Themen wie die Verkehrswende oder die Wohn-, Arbeits- und Aufenthaltsqualität am Hermannplatz gemeinsam Lösungen finden. Mit Urban-Gardening-Projekten, Wandgemälde-Workshop und neuer Fahrradwerkstatt wollen sie kritische Anwohner*innen überzeugen.
„Niemand im Kiez möchte, dass ein öffentlicher Platz und seine Verkehrsplanung von einem privaten Immobilienkonzern entwickelt wird“, sagt ein Mitglied der Initiative Hermannplatz, das namentlich nicht genannt werden will. Mitglieder fragen danach, warum sich das Unternehmen dazu berufen fühle, sich um den Hermannplatz zu kümmern.
Die Initiative kritisiert, dass die Signa-Gruppe mit ihrem „Scheindialog“ suggeriere, ihr geplantes Neubauprojekt am Hermannplatz werde trotz der eindeutigen Absage durch den Bezirk mit Sicherheit umgesetzt – und nun gehe es lediglich noch um eine Diskussion über das Wie.
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