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: Tausend Jahre sind genug: Ehelosigkeit von Priesternfällt

Laut Amazonassynode soll der Zölibat nicht mehr Pflicht sein – zumindest im Amazonas­gebiet. Grund ist der Priestermangel. Sexualtherapeuten begrüßen die „frohe Botschaft“

Das Neue

Mit einer revolutionären Forderung schloss am Samstag die Amazonassynode im Vatikan ihre Arbeiten ab: Die dort versammelten Bischöfe fordern, auch verheiratete Männer zum katholischen Priesteramt zuzulassen – und damit das Ende des Pflichtzölibats einzuläuten. Zumindest im Amazonasgebiet. Schluss wäre so mit der „vollkommenen und immerwährenden Enthaltsamkeit um des Himmelreichs willen“, die das Kirchenrecht bisher vorsieht und die seinen Dienern helfen soll, „sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen zu können“. In Zukunft dagegen sollen auch verheiratete Diakone den Zugang zum Priesteramt erhalten.

Der Kontext

Der Zölibat könnte ausgerechnet zu seinem tausendjährigen Jubiläum zu Fall kommen. Im Jahr 1022 nämlich verfügte Papst Benedikt VIII. das Heiratsverbot für Priester. Es sollte um deren Reinheit gehen, aber auch um Besitz, den sie fortan nicht mehr an Kinder vererben konnten und der deshalb im Schoß der Kirche blieb.

Heutzutage führt diese Vorschrift allerdings oft genug zu einem gravierenden Priestermangel. In ihrem Abschlussdokument berichten die Bischöfe der Synode, viele Gemeinden im Amazonasgebiet sähen über Monate, gelegentlich auch über Jahre hinweg keinen Geistlichen, der ihnen die Eucharistie spenden oder die Letzte Ölung erteilen könne. Angesichts dieser – in Lateinamerika schon vor Jahrzehnten beklagten – Situation hatten Bischöfe des Kontinents schon auf dem II. Vatikanischen Konzil vorgeschlagen, wenigstens die Priesterweihe für verheiratete „Viri probati“, für „erprobte Männer“, zu gestatten. Das Ansinnen wurde aber von Papst Paul VI. abgeschmettert.

Die Reaktionen

Zwar bekräftigte die Synode, dass es ihr mit ihrem Vorschlag nicht um die generelle Abschaffung des Zölibats, sondern um eine Ausnahmeregelung für eine unter extremem Priestermangel leidende Region gehe. Doch die Konservativen in der Kirche befürchten weitreichendere Folgen. Schon auf der Synode selbst erhielt der entsprechende Passus mit 41 Gegen- bei 128 Jastimmen so viel Widerspruch wie kein anderer im Abschlussdokument. Sehr deutlich wurde der deutsche Kardinal Walter Brandmüller aus der konservativen Ecke. Er sprach von einem „faulen und durchsichtigen Trick“ eines „Grüppchens von Ideologen“, denn es gehe „nicht um Amazonas – es geht ums Ganze“.

Begeistert äußert sich dagegen der Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller. Auch er prognostiziert, dass am Ende der gesamte Zölibat zu Fall kommt, doch er hält dies für „eine frohe Botschaft“, da so auch ein „wichtiger Beitrag im Rahmen der Prävention von sexualisierter Gewalt durch Kleriker“ geleistet werden könne.

Die Konsequenz

Vorerst handelt es sich bei dem Beschluss um eine nicht bindende Empfehlung. Es liegt jetzt am Papst, ob er sie aufnehmen will. Franziskus kündigte an, er werde bis zum Jahresende seine Haltung zu den Vorschlägen der Synode mitteilen. Michael Braun, Rom