Die digitale Quittung

Ein Bremer Unternehmen will mit seiner App den Papierbon abschaffen. Ein Bundesgesetz kommt ihm dabei zugute

Sind giftig und gehören daher in den Restmüll: Kassenbons Foto: Jörg Carstensen/dpa

Von Alina Götz

Amir Karimi möchte den digitalen Kassenzettel etablieren. Dafür hat sein Bremer Unternehmen A&G Software die App „admin“ entwickelt, die Anfang des nächsten Jahres auf den Markt kommen soll. Diese können sich Verbraucher*innen kostenfrei aufs Handy laden.

Nach einer Registrierung mit den Basisdaten kann nach dem Bezahlen im Laden mittels Nahfeldkommunikation (NFC) der Kassenzettel in eine Cloud geladen werden. „Kooperierende Märkte brauchen nur einen kleinen Adapter und eine Software“, so Karimi. Smartphones ohne NFC-Funktion nutzen einen Quellcode als Alternative. Die Bons sind auf dem Handy einsehbar und können bei Bedarf sogar mit Steuerberater*innen geteilt werden.

In die Karten spielt dem Geschäftsführer Karimi dabei ein Bundesgesetz, das Anfang 2020 in Kraft tritt: Neue Regelungen zur verbesserten Aufzeichnung eines Geschäftes sollen Steuerhinterziehung vorbeugen. Unter anderem wird in dem neuen „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, kurz: Kassengesetz, aber auch die sogenannte Belegausgabepflicht festgeschrieben. Demnach muss für die an einem Geschäft Beteiligten ein Beleg zur Verfügung gestellt werden – elektronisch oder auf Papier. Es gebe aber keine Pflicht zur Mitnahme des Belegs, so das Bundesfinanzministerium. Das Gesetz gilt für alle Firmen, die elektronische Aufzeichnungssysteme einsetzen.

Kassenzettel sind jedoch problematisch. In aller Regel bestehen diese aus Thermopapier, die mit den Stoffen Bisphenol A (BPA) oder Bisphenol S behandelt sind. „Aus unserer Sicht sind beide Stoffe bedenklich und auch krebserregend“, sagt Klaus Prietzel, Vorstandsvorsitzender vom BUND Bremen. Die Schrift und damit die Giftstoffe reiben sehr leicht von den Zetteln ab. „Und Bons habe ich täglich in der Hand“, so Prietzel. Dass zumindest BPA giftig ist, hat inzwischen auch die EU anerkannt und den Stoff, ebenfalls ab Januar 2020, unter anderem für die Nutzung auf Thermopapier verboten.

Die Belegausgabepflicht im neuen Gesetz hält Prietzel „unter Umweltgesichtspunkten für völligen Quatsch“. Und die App für eine mögliche Lösung. Dennoch dürfe man die Menschen nicht dazu verdonnern, immer mit dem Smartphone einkaufen zu gehen. „Andere Alternativen sind Bons aus Thermopapier ohne die giftigen Stoffe oder aus Normalpapier.“

„Die Belegausgabepflicht ist völliger Quatsch“

Klaus Prietzel, BUND Bremen

Dass BPA giftig ist, hat Karimi erst während seiner Recherche erfahren. Grundsätzlich hält er das neue Kassengesetz für richtig – „man hat aber nicht darüber nachgedacht, wie das funktionieren soll“. Viele Händler*innen sind nicht gut auf die Umstellung vorbereitet, sagt er. Momentan stehe sein Unternehmen mit Firmen in Kontakt, die einen knappen Drittel des Marktanteils ausmachen. Gemeinsam haben sie ein Umsatzvolumen von 100 Milliarden Euro.

Verdienen will Karimi an jeder getätigten Bon-Transaktion an der Kasse. „Die soll einen Cent kosten, ein Kassenzettel kostet den Handel momentan drei Cent.“ Werbung in der App gebe es nicht, auch die Daten seiner Kund*innen werde Karimi nicht verkaufen. Die Registrierung in der App sei nur notwendig, damit an der Kasse das digitale Gegenüber identifiziert werden könne, erklärt er.

Prietzel wünscht sich, dass es künftig weiter die Möglichkeit gibt, auf den Bon verzichten zu können. Laut Nadine Kalwey, Sprecherin des Bundesfinanzministeriums, wird ab 2020 aber immer ein Bon ausgedruckt, „es sei denn, es wird ein elektronischer Bon generiert“. Es bestehe aber die Möglichkeit einer Befreiung von der Belegausgabepflicht – jedoch nur, wenn diese für die Steuerpflichtigen eine sachliche oder persönliche Härte darstellt und sie diese Härte dem Finanzamt nachweisen können. „Allein die durch die Belegausgabepflicht entstehenden Kosten stellen keine Härte dar“, so Kalwey.