Umstrittenes Gesetz in Berlin: Linke schwächte Mietendeckel ab

Zugeständnisse an die Immobilien-Lobby schiebt die Linkspartei auf ihre Koalitionspartner. Die sind aber wohl nicht allein schuld.

Katrin Lompscher hält Referentenentwurf in die Kamera

Senatorin Katrin Lompscher (Linke) am 30. August mit dem Referentenentwurf zum Mietendeckel Foto: dpa

BERLIN taz | Seit einigen Monaten ist der Mietendeckel das beherrschende Thema der Berliner Politik. Selbst innerhalb der rot-rot-grünen Koalition wird über Mietobergrenzen und die Ausgestaltung der geplanten Regulierung heftig gestritten. Schon Ende August schwächte der Koalitionsausschuss die ursprünglichen Entwürfe deutlich ab – auf Druck der Koalitionspartner, wie die Linke betonte. Laut Unterlagen, die der taz jetzt vorliegen, stimmt das aber nicht ganz.

Im damals verabschiedeten Referentenentwurf, der derzeit in Parteigremien und bei Anhörungen mit Verbänden diskutiert wird, sind sowohl die geplanten Mietobergrenzen für die einzelnen Wohnungskategorien als auch Möglichkeiten für Modernisierungszuschläge und weitere Mieterhöhungen beträchtlich erhöht und erweitert worden. Nun sollen auch Modernisierungen, die bis zu 15 Jahre zurückliegen, mit bis zu 1,40 Euro pro Quadratmeter aufgeschlagen werden können. Weitere Modernisierungen während der fünfjährigen Laufzeit des Mietendeckels können mit einem weiteren Euro zu Buche schlagen. Dazu sollen weitere jährliche Mieterhöhungen anhand der Lohn- und Preisentwicklung kommen.

Bei vielen Mietergruppen sorgt diese Verwässerung für Empörung. Besonders für die Linkspartei ist das problematisch, denn seit Monaten versucht sie sich als Speerspitze für einen konsequenten Mietendeckel zu profilieren. Eher kleinlaut ist die Rede von „schmerzlichen Kompromissen“, die auf Druck von SPD und Grünen geschlossen werden mussten.

Aus der taz vorliegenden Unterlagen geht jedoch eindeutig hervor, dass die nunmehr im Entwurf verankerten jährlichen Erhöhungen der Deckelgrenzwerte und die erweiterten Modernisierungsumlagen von der linken Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher und ihrem Staatssekretär Sebastian Scheel in die Sitzung eingebracht worden waren. Im Kapitel „Zuschläge“ ihrer Vorlage heißt es unter Ziffer 5.2: „Modernisierung in den letzten 15 Jahren vor Inkrafttreten des Gesetzes – 1,40 Euro. Modernisierung nach Inkrafttreten des Gesetzes – 1,00 Euro“.

Grüne sind sauer

Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, verwahrte sich gegenüber der taz dann auch gegen das Schwarze-Peter-Spiel der Linken: „Wir Grüne haben keine Mieterhöhungsmöglichkeiten des gesamten Mietendeckels vorgeschlagen. Auch der Modernisierungszuschlag von 1,40 Euro kommt nicht von uns.“

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung reagierte auf eine entsprechende Anfrage der taz recht schmallippig. „Der Koalitionsausschuss ist ein vertraulich tagendes Gremium. (..) Insofern äußern wir uns grundsätzlich nicht zu vermeintlichen Gesprächsinhalten dieses Gremiums“, heißt es in der schriftlichen Antwort.

Weitere Verschärfungen von der SPD

Auch der in ursprünglichen Entwürfen noch festgelegte Anspruch auf die Absenkung überhöhter Mieten wurde weitgehend gestrichen. Vielmehr sollen nur noch Mieter eine Absenkung verlangen können, die den Nachweis erbringen, dass ihre Mietbelastung 30 Prozent des Nettoeinkommens übersteigt und die Größe ihrer Wohnung „angemessen“ ist. Eingriffe in die Profite der Vermieter sollen also die Ausnahme bleiben und werden an die individuelle Bedürftigkeit der Betroffenen gekoppelt.

Darauf habe vor allem die SPD bestanden, war aus Koalitionskreisen zu erfahren. Weitere Korrekturen im Sinne der Immobilienlobby sind im Laufe des Beratungsprozesses zu befürchten. Und so könnte der von großen Hoffnungen begleitete Mietendeckel noch zur rot-rot-grünen Farce werden.

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