Gemeinnützigkeit für Attac und Co: Sicherheit für Zivilgesellschaft

Bundesfinanzminister Scholz (SPD) will die Regeln für Gemeinnützigkeit novellieren. NGOs sollen politisch aktiv sein können.

eine Pappstatue mit einem großen Auspuff zwischen den Beinen trägt eine Schärpe, auf der steht: "Autokonzerne entmachten"

Attac-Aktivist am Sonntag in Frankfurt: Gemeinnützigkeit wegen politischer Betätigung verloren Foto: dpa

BERLIN taz | Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will in wenigen Wochen einen Gesetzentwurf für die Novellierung des Gemeinnützigkeitsrechts vorlegen, mit der Rechtssicherheit für politisch aktive Organisationen geschaffen werden soll. Das kündigte er bei einer Veranstaltung zur Wahl der neuen SPD-Parteispitze an.

Der Hintergrund: Im Frühjahr hatte der Bundesfinanzhof der globalisierungskritischen Organisation Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt. Die Richter begründeten das mit den allgemeinpolitischen Forderungen der Organisation und den Kampagnen, die Attac durchführt. Viele Organisationen fürchten nun, dass es ihnen ähnlich ergeht. Das würde sie hart treffen. Durch den Entzug der Gemeinnützigkeit können zum Beispiel Spenden nicht mehr steuerlich abgesetzt werden. Vertreter von NGO sehen in der drohenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit einen Angriff auf die Zivilgesellschaft.

Beim KandidatInnen-Casting der SPD in Nürnberg hatte ein Teilnehmer gefragt, wo Scholz stehe, wenn sein Ministerium die Gemeinnützigkeit von Attac verhindere. „Ich stehe auf der Seite der Gemeinnützigkeit“, sagte Scholz. In wenigen Wochen werde sein Haus einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, in dem viele Fragen der Gemeinnützigkeit neu geregelt würden. „Bei dieser Gelegenheit lösen wir auch die Frage der Gemeinnützigkeit politischer Organisationen“, sagte er. Es gebe viele, die keine Probleme hätten, wie zum Beispiel Greenpeace. Es gebe aber auch viele, die jetzt Problem bekämen, und es gebe einige Organisationen, die hätten zu Recht Probleme.

Beispiele nannte er nicht, verwies aber auf die einstigen „Staatsbürgerlichen Vereinigungen“, die über viele Jahre der Finanzierung der Union gedient haben. „Deswegen haben wir gesagt, Vereine dürfen keine allgemeine Politik machen“, erklärte er. Aber es könne nicht sein, dass jeder, der sich für den Frieden, die Umwelt oder die Völkerverständigung einsetze, ein Problem bekomme. „Das werden wir klarstellen“, sagte Scholz. „Gerade diskutieren wir, wie wir die Verunsicherung beseitigen können.“

Vereinbarung im Koalitionsvertrag

Der ­Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach, der sich ebenfalls um den SPD-Vorsitz bewirbt, bezweifelt allerdings, dass Attac die Gemeinnützigkeit zurückbekommt. „Wir werden in der Großen Koalition die Gemeinnützigkeit von Attac verlieren“, sagte er in Nürnberg.

Das Bundesfinanzministerium bestätigt die Arbeiten an einer Novelle. „Das Gesetzgebungsvorhaben zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts geht auf Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zurück“, teilte es mit. Das Ehrenamt solle entbürokratisiert und das bürgerschaftliche Engagement besser gefördert werden. In diesem Zusammenhang würden auch Anpassungen des Zweckkatalogs für die Gemeinnützigkeit erörtert, insbesondere eine Klarstellung infolge des Urteils gegen Attac.

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