Förderung von Frauenfußball: Radikaler Kurswechsel

Der designierte DFB-Präsident Fritz Keller will die Männerprofivereine zur Förderung des Frauenfußballs verpflichten. Ein Problem gibt es dabei.

Fußballerin Lena Oberdorf köpft einen Ball

„Es gibt nur einen Fußball, und Frauenfußball ist Fußball“, sagt der designierte DFB-Chef Fritz Keller Foto: dpa

Er hat es getan. Fritz Keller hat eine Handvoll Sätze fallen lassen, die man als fast schon radikalen Kursänderungsvorschlag im DFB lesen kann. Weite Teile der Öffentlichkeit werden es nicht mitbekommen haben, Deutschland hat ja mal wieder eine Löw-Diskussion. Am Freitag hat der designierte DFB-Präsident gesagt: „Die Männer-Profivereine täten gut daran, mehr in den Mädchen- und Frauenfußball zu investieren. Es gibt nur einen Fußball, und Frauenfußball ist Fußball. Also gehört eine Verpflichtung dazu, auch hier den nächsten Schritt zu machen.“

Wie der nächste Schritt aussehen könnte, auch dazu hat er Ideen: „Wir sollten eine Verpflichtung eingehen, dass alle Profivereine in der Ersten und Zweiten Liga in Zukunft zumindest einen anderen Frauenverein richtig groß unterstützen.“ Das solle „irgendwann auch als Lizensierungsbedingung“ gelten.

Ein konkreter und kalkulierter Vorstoß, der sich direkt gegen die bisherige DFB-Linie richtet. Noch 2018 hatte der träge Verband der taz versichert, man greife in puncto Frauenfußball-Förderung „nicht in die Vereinsautonomie ein“ und wolle lediglich „mit maßvollen Steigerungen der Anforderungen und Anreizsysteme“ unterstützen.

Jetzt also die große Kehrtwende? Ob Keller dafür kurzfristig genug UnterstützerInnen findet, ist fraglich, der Männerbund wirkt beim Thema Frauen weiterhin arg desinteressiert; mittelfristig aber wird sich der DFB dem Druck des Marktes nicht mehr verschließen können.

Kleines Abziehbild

Die Professionalisierung von oben in England und Spanien läuft enorm erfolgreich, immer mehr Bundesliga-Spielerinnen wandern ins Ausland ab, und der schlechte Auftritt der Deutschen bei der WM ließ keinen Zweifel zu, wie schnell der deutsche Fußball an Boden verliert. Traditionelle Frauenfußball-Verweigerer wie Real Madrid und Manchester United sind eingebrochen. Dortmund und Schalke werden sich der Emanzipation nicht mehr lange erwehren können.

Das ist gut, einerseits. Kellers Vorschlag bringt neue Dynamik in den deutschen Frauenfußball und würde dringend benötigte Unterstützung sichern. Möglicherweise rettet eine Förderverpflichtung auch den einen oder anderen Traditionsverein – Potsdam oder Essen haben sonst keine Chance. Aber natürlich kommt die Inklusion zu einem Preis. Sie kommt auf den Flügeln des Marktes daher. Frauenfußball auch deshalb, weil er beginnt, ein gutes Business zu werden. Weil bei den Männern allmählich die Grenzen der Profite erreicht sind, bei den Frauen aber längst nicht.

Ähnliche Strukturen sind überfällig, aber sie schaffen natürlich auch ein ähnliches Ergebnis: ein kleines Abziehbild des Männerfußballs. Das ist schön für Gleichberechtigung. Niemand muss sich dann mehr seltsames Lob anhören, dass Frauenfußball der so viel anständigere Fußball sei. Von Anstand kann man sich ja nichts kaufen. Von Geld dagegen allerlei; die Nachteile werden erst noch sichtbar werden. Das nennt man dann wohl Wachstumsschmerzen.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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