: Gedenktafel verschlimmbessert
Ministerium hat die Schmiererei „Adolf“ auf einem Friedhof für Kriegsgefangene nur provisorisch verdeckt
Von Harff-Peter Schönherr
Adolf. Diesen Namen haben Unbekannte in die Informationstafel eines Friedhofs für 482 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Bohmte im Landkreis Osnabrück geritzt. Eine Verhöhnung der NS-Opfer. Der Friedhof „Meyerhöfen“ ist seit Jahren ein Ort des Vandalismus und schwerster Vernachlässigung (taz berichtete). Nach mehrfachen Hinweisen eines Anwohners hat das zuständige niedersächsische Innenministerium nun den Schriftzug „Adolf“ überdeckt – doch die Art und Weise sorgt für neue Kritik.
Denn statt die Infotafel durch eine neue zu ersetzen, ließ das Ministerium eine weitere Platte auf die vorhandene Tafel schrauben, die den zerkratzten Teil verdeckt. Darauf ist ein riesiger QR-Code gedruckt – und ein mit fast 200 Zeichen absurd langer Link zu einer Ministeriumsseite auf der es Informationen über den Friedhof gibt.
Wer vor Ort beidem folgt, kommt jedoch nicht weit. „Eine Netzverbindung gibt’s hier ja nicht“, kritisiert Daniel Schnier, ein Ex-Bohmter aus Bremen, der schon lange gegen die Verwahrlosung des Friedhofs kämpft.Die neue Tafel habe ihn „wirklich erschüttert“, sagt er. „Das ist als Akt der Erinnerungskultur völlig würdelos.“
Wer dem Endlos-Link folgt, zuhause vielleicht, findet eine staubtrockene Tabelle, keine nutzerfreundlich aufgearbeitete Information. Es stehen dort Infos zum Friedhof und zum Gräbergesetz, eine wohl unvollständige Liste mit Namen der Menschen, die in den Gräbern liegen und zwei Fotos des Ortes, an dem man selbst gerade war, denn sonst wäre man ja nicht auf der Seite. Das Irritierendste aber ist der Link „zu weiteren Informationen“. Der führt zur Webseite der Gemeinde Bohmte. Und weitere Informationen zu „Meyerhöfen“gibt es dort nicht.
„Stimmt“, räumt Bohmtes Bürgermeister Klaus Goedejohann (CDU) ein. Und die neue Tafel sei „natürlich nicht genug“. Er sehe das „nur als Übergangslösung“. Es tue sich aber etwas: „Die Gemeinde Bohmte wird in Kürze die laufende Pflege des Friedhofs übernehmen, das war schon immer unser Anliegen.“ Zudem würden die 2017 gestohlenen Bronzetafeln ersetzt. Bohmte sei dazu „mit dem Ministerium in sehr guten Gesprächen“.
Auch für Georg Hörnschemeyer, dem Vorsitzenden des Vereins „Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht“ aus Hasbergen bei Osnabrück, ist die QR-Code-Tafel „nur ein Behelf“. Für Nicht-Sachkundige biete sie „keine wirkliche Information“, denn „dahinter ist kein adäquates Angebot zum Thema“. Fraglich sei zudem, ob die Tafel nur „die Schmiererei verdecken soll“ oder „ob die Oberfläche darunter gereinigt wurde“. Der Friedhof sei weiterhin in einem „unbefriedigenden Zustand“.
Vom Ministerium hieß es ebenfalls, die Platte mit dem QR-Code sei nur ein „kurzfristiger Kompromiss“. Es liefen Vorbereitungen, die gesamte Tafel zu erneuern und auch den Friedhof herzurichten. Die Unsinnigkeit eines Links zu einer Website ohne Netz sieht das Ministerium nicht. Bei einem Ortstermin hätten die Mitarbeiter Empfang gehabt.
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