: Innenminister in Erklärungsnot
Hambacher Forst: Herbert Reul muss eine massive Einflussnahme von RWE auf seine Politik einräumen
Aus DüsseldorfAndreas Wyputta
Monatelang hat der nordrhein-westfälischeInnenminister Herbert Reul nach einem juristischen Vorwand suchen lassen, um dem Braunkohlekonzern RWE die Zerstörung des Hambacher Walds zu ermöglichen. Das hat der CDU-Politiker im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags eingeräumt.
Vor genau einem Jahr war der Hambacher Wald von der Polizei geräumt worden. Als offizieller Grund war bislang stets die angebliche Brandgefahr der Baumhäuser angegeben worden. Doch dies war offenbar nur vorgeschoben. „Manchmal“ müsse der Staat eben „ungewöhnliche Wege gehen“, erklärte der 67-jährige Reul.
Vorwürfe, lediglich ein Helfershelfer von RWE gewesen zu sein, wies Reul trotzdem von sich, und „Vorwürfe, er habe „das Recht gebeugt“, gingen gegen seine „Ehre“. Klar ist aber: RWE hat massiven Druck auf Polizei, Kommunen und verschiedenste NRW-Ministerien ausgeübt, um die Klimaschützer*innen aus dem Wald zu bekommen – und Reul hat sich mindestens zweimal mit hochrangigen Konzernvertretern getroffen. Am 15. August 2018 sei Vorstandschef Rolf Martin Schmitz bei ihm „zu Gast“ gewesen und habe eine klare Botschaft hinterlassen: „Wir werden roden, egal, was da kommt.“ Ende August hatte der Minister im WDR noch erklärt, im Vorfeld der Räumung habe es „gar keinen Kontakt“ zu RWE gegeben.
Wahr ist dagegen: Reul ließ intensiv nach Gründen suchen, um seine Polizist*innen gegen die Waldbesetzer*innen in Gang setzen zu können. Dass zeigt eine schon oberflächliche Akteneinsicht, die der Minister auf Druck der Öffentlichkeit Abgeordneten und Journalist*innen am Donnerstagabend erlaubte. Ein Protokoll des Innenministeriums macht deutlich, dass noch am 17. Juli 2018 Vertreter*innen verschiedenster Behörden alles versuchten, um nicht mit einer radikalen Räumung in Verbindung gebracht zu werden: Bau, Justiz- und Gesundheitsministerium sahen keine Handhabe, um härter gegen die Klimaschützer*innen vorzugehen, ebenso der Landesforstbetrieb.
Reul aber gab nicht auf: Ende Juli beschwerte er sich beim gesamten Kabinett über die mangelnde Unterstützung. Auch wurde die RWE-nahe Anwaltskanzlei Baumeister beauftragt, endlich Gründe für eine Räumung zu finden – und lieferte prompt das Argument Brandschutz. In den Augen der Innenpolitikerin Verena Schäffer von den Grünen hat „das Kabinett Laschet damit Recht instrumentalisiert, um die Interessen von RWE durchzusetzen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen