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Paradiesische Zustände

Der Freiburger Architekt Rolf Disch plant eine „Plusenergiesiedlung“, die auch die Mobilität einbezieht

Seit 50 Jahren mischt der Freiburger Solararchitekt Rolf Disch mit seinen zukunftsweisenden Projekten Stadtplaner und Baumeister auf. Seine neueste Idee ist eine Siedlung mit 80 Wohneinheiten, die über eine „emissionsfreie Tiefgarage“ verfügt. Das heißt: Autos mit Verbrennungsmotor sind in dem Objekt in Schallstadt im Freiburger Umland gar nicht mehr zugelassen.

Aber es wäre kein Disch-Projekt, würde der Architekt glauben, alleine mit Elektroautos sei ökologisch alles geritzt. Daher wird es in den sogenannten Klimahäusern auch rund 290 Fahrrad-Stellplätze geben, darunter spezielle für E-Bikes, für Lasten-E-Bikes und solche mit Anhänger. Einige Lasten-E-Bikes sind auch für die gemeinschaftliche Nutzung vorgesehen. In der Garage werden zudem Schließfächer angebracht mit Netzanschluss zum Laden von E-Bike-Akkus. Und daneben ist eine Werkbank geplant für die Fahrradreparatur – was nur geht, weil die Garage frei ist von Abgasschwaden aus Motoren.

Das Thema umweltfreundliche Mobilität ist für den Freiburger Architekten übrigens nicht neu. Bereits in den Achtzigerjahren war Disch beim Solarautorennen „Tour de Sol“ in der Schweiz erfolgreich, der großen Leistungsschau kreativer Bastlerfahrzeuge. In seinem Projekt in Schallstadt setzt er nun auch bautechnisch wieder neue Ideen um.

Das verschmutzte Duschwasser wird einen Teil seiner Wärme an das Frischwasser abgeben, die Fußbodenheizung wird auch kühlen können, indem das Wasser zuvor im Erdreich temperiert wird. Das Gebäudeensemble, das als „Plusenergiesiedlung“ mehr Energie gewinnt als verbraucht, wird zudem über gut 500 Kilowatt an Photovoltaik-Modulen verfügen.

Schon diverse architektonische Marksteine hat der heute 75-Jährige in den vergangenen Jahrzehnten im Raum Freiburg gesetzt. Darunter fiel um die Jahrtausendwende erstmals eine ganze Siedlung in Plusenergiebauweise. Zuvor bereits, vor nunmehr 25 Jahren, hatte er das drehbare Freiburger Solarhaus „Heliotrop“ gebaut, das erste Plusenergiehaus weltweit. Es lässt sich dem Gang der Sonne nachführen und zieht noch immer Besuchergruppen an: 17.000 Interessenten habe man in all den Jahren durch das Haus geführt, sagt der Solararchitekt, der selbst darin wohnt.

Mit dem eigenen Kraftfahrzeug lässt das Heliotrop sich gar nicht erst anfahren, zugänglich ist es alleine über einen Fußweg. Die Resonanz der Besucher zeige ihm, sagt Disch, wie wichtig das Thema Autoverkehr für die Wohnqualität sei: „Wo es uns gelingt, den Autos die Dominanz zu nehmen, sprechen die Leute immer vom Paradies.“ (bj)

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