petition der woche
: Wie das Feuer im Amazonas die Unsichtbaren sichtbar macht

Anlass der Petition Der Amazonasregenwald steht in Flammen und die Agrarfirma Cargill könnte davon profitieren.

Das wollen die Initiator*innen Die Zerstörung der Ökosysteme aufhalten.

Das wollen sie nicht Noch mehr Soja- und Agrarimporte.

Der brasilianische Regenwald brennt und der Amazonas, die grüne Lunge des Planeten, stirbt. In den vergangenen Wochen lösten die Waldbrände auf dem südamerikanischen Kontinent global Trauer und Wut aus.

Was viele vergessen, ist, dass das Desaster nicht mit dem Flächenbrand begann. Und: der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, der die Rechte Indigener mit Füßen tritt und den Umweltschutz lockern will, ist nicht allein verantwortlich.

Europa und andere wohlhabende Länder dieser Erde tragen mindestens eine Mitschuld an der Misere. Denn die Feuer und Massenrodungen schaffen Platz für Anbauflächen, mit denen der Soja- und Palmöldurst des globalen Nordens gestillt wird. Vor allem multinationale Konzerne machen Kleinholz aus den Ökosystemen, um die Konsumlust in aller Welt zu bedienen. Einer von ihnen ist Cargill.

Der Agrarriese setzt auf Lebensmittelproduktion, Landwirtschaft und Pharmazie. Vielen ist Cargill kein Begriff, weil der Konzern vorrangig andere Großunternehmen beliefert – McDonald’s beispielsweise mit Chicken McNuggets. Andere Produkte wie Futtermittel, Baumwolle, Mais, Kakao oder Palmöl benötigen viel Platz, den das Unternehmen unter anderem im Amazonas findet.

Nach Ansicht des gemeinnützigen Vereins „­Rettet den Regenwald e. V.“ ist Cargill deshalb ein unmittelbarer Profiteur der Feuer. Mit einer Petition, die die Umweltorganisation am 1. August ins Leben gerufen hat, fordern sie und mehr als 110.000 Unterstützende den Boykott des Unternehmens.

„Viele tragen zum Niedergang der Wälder, Savannen und anderer Ökosysteme der Erde bei. Doch eine Firma lässt alle winzig erscheinen: Cargill. „Wenn andere Piranhas sind“, heißt es in dem Petitionsaufruf, „ist Cargill der Weiße Hai.“

Der Konzern fliegt unter dem Radar, weil er nicht für Endverbrauchende produziert, sondern Restaurantketten, Supermärkte oder Lebensmittelkonzerne beliefert und darum eher selten für Kund*innen sichtbar wird. Die Petition richtet sich daher an McDonald’s, Burger King, Aldi, Edeka und Unilever. Denn Konsument*innen allein könnten Cargill kaum etwas entgegensetzen.

Fragen der taz zum Boykottaufruf und der Petition beantwortet Cargill nicht, sondern bleibt allgemein: „Cargill bekennt sich klar zur Nachhaltigkeit.“ Die Realität sieht anders aus. In einem Bericht der britischen Nichtregierungsorganisation „Mighty Earth“ vom 9. Juli dieses Jahres steht, dass Cargill große Flächen Regenwald abholzt, die Umwelt verschmutzt und Minderjährige auf Plantagen einsetzt. Vor 15 Jahren sind auf einer Cargill-Plantage 240 Millionen Liter säurehaltiges Abwasser in die Tampa Bay geflossen, in Brasilien und Bolivien baut Cargill an 28 Standorten Soja an.

Was ethische Verfehlungen angeht, überholt der Konzern „Mighty Earth“ zufolge sogar den Schweizer Konzern Nestlé, der sonst häufig in der Kritik steht. Reinhard Behrend, Vorsitzender von „Rettet den Regenwald e. V.“, sagt, er wolle Cargill mit der Petition sichtbar machen und das Bewusstsein erhöhen. Zwar müsse sich das europäische Konsumverhalten, das auf Kosten des Regenwaldes ginge, generell ändern – Cargill aber sei „die Spinne im Netz“. Bis Cargill seine Politik nicht ändere, sollten Unternehmen ihren Kontakt mit der Agrarfirma kappen. Simon Schwarz