MDR-Diskussion mit Neonazi: Bürgermeisterin sagt ab

Nach Kritik an der Teilnahme eines Rechtsextremen an einer MDR-Podiumsdiskussion haben zwei eingeladene Gäste ihre Zusage zurückgezogen.

Eine Frau und ein Mann stehen auf einem Marktplatz

Barbara Ludwig (SPD), Oberbürgermeisterin von Chemnitz, auf dem Marktplatz von Chemnitz Foto: dpa

CHEMNITZ/LEIPZIG taz | Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) hat ihre Teilnahme an der umstrittenen Podiumsdiskussion im Rahmen der Vorpräsentation der MDR-Dokumentation „Chemnitz – ein Jahr danach“ abgesagt.

In einem Statement sagte der Sprecher der Stadt Chemnitz Matthias Nowak der taz, Frau Ludwig habe die Einladung angenommen, weil sie eine offene Auseinandersetzung mit dem Thema für relevant hält. „Allerdings ist die Oberbürgermeisterin nicht davon ausgegangen, vom MDR auf ein Podium mit einem offenbar bekennenden Neonazi platziert zu werden“, so Nowak. „Barbara Ludwig hält es für falsch, einer solchen Person ein Podium zu bieten.“

Nachdem bekannt wurde, dass der MDR neben Barbara Ludwig, Margarete Rödel (Grüne Jugend), Olfa Kanoun (Technische Universität Chemnitz) und Wolf-Dieter Jacobi (Programmdirektor des MDR) auch Arthur Oesterle zur Diskussion eingeladen hatte, zog die von dem freien Journalisten Johannes Grunert angestoßene Kritik, der MDR rede mit Rechten, weite Kreise. Unter den Empörten äußerten sich auch das Jüdische Forum und der ARD-“Monitor“-Redakteur Georg Restle.

Wie die taz am Mittwoch berichtete, war Oesterle 2018 bei den rechten Aufmärschen in Chemnitz als Ordner für Pro Chemnitz eingesetzt. Im selben Jahr lief er bei der neonazistischen Kleinspartei „Der III. Weg“ bei einer Demonstration mit. Auch bei dem Verein Heimattreue Niederdorf ist Oesterle aktiv. Pro Chemnitz und der Heimatverein werden vom Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextrem eingestuft.

Zur MDR-Diskussion war Oesterle nun als Protagonist des Films und Vertreter der AfD eingeladen. Der Sender rechtfertigte dies damit, dass seine Rolle bei den Ereignissen in Chemnitz „thematisiert und transparent gemacht“ werde.

Auch Grüne sagt ab

Schon vor dem Rücktritt der Oberbürgermeisterin von der Veranstaltungen hatte die Vertreterin der Grünen Jugend, Margarete Rödel, ihre Absage bekannt gegeben. Sie erklärte, ihr sei nicht klar gewesen, dass es sich bei Arthur Oesterle um einen „eingefleischten Neonazi“ handele. „Es sollte ihm keine derartige Bühne durch den MDR geboten werden.“

Der Tagesspiegel berichtete unterdessen, dass der Chemnitzer Unternehmer Lars Faßmann, der für die Fraktionsgemeinschaft Volkssolidarität/Piraten im Stadtrat sitzt, Rödels Position ersetzen solle.

Bislang hat der MDR die Veranstaltung nicht abgesagt. Der taz sagte die Sprecherin des Senders, man habe kürzlich erst von der Absage der Oberbürgermeisterin erfahren. „Das ist eine neue Situation“, so Odenthal. „Das Haus denkt darüber nach. Momentan können wir aber noch kein Statement geben.“

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