Deutscher in der Türkei inhaftiert: Verhaftet wegen Facebook-Einträgen

Osman B. wollte in der Türkei Urlaub machen. Jetzt sitzt er im Knast. Die türkischen Behörden werfen dem 36-jährigen Hessen „Terrorpropaganda“ vor.

Eine deutsche und eine türkische Fahne

Sicherheitshinweis: Urlaubsreisen in die Türkei können zur Freiheitsberaubung führen Foto: dpa

BERLIN taz | Auch mehr als eine Woche nach seiner Inhaftierung hat die Bundesregierung immer noch keinen direkten Kontakt zu dem in der Türkei inhaftierten deutschen Staatsbürger Osman B. „Wir haben noch keinen konsularischen Zugang“, sagte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr, am Mittwoch in Berlin. Die Botschaft in Ankara und das Konsulat in Antalya seien jedoch intensiv darum bemüht.

Osman B. war am 28. Juli mit dem Flugzeug nach Antalya gereist. Nach eigenen Angaben hatte der 36-jährige Hesse mit seiner Familie Urlaub in dem südtürkischen Badeort machen wollen. Doch stattdessen wurde er am Flughafen festgenommen. Die türkischen Behörden werfen ihm vor, mittels mehrerer Facebook-Einträge „Terrorpropaganda“ verbreitet zu haben. Ein Haftrichter nahm ihn wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.

Zuerst hatte der Rechercheverbund von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung am Dienstagabend über den Fall berichtet. Nach dessen Angaben soll Osman B. in seiner Anhörung durch den Haftrichter eingeräumt haben, er habe vor einigen Jahren regierungskritische Beiträge auf seinem Facebook-Account geteilt. Das seien „Eseleien“ gewesen, die er nun bereue.

Mit einem zweiten Account, den ihm die türkischen Behörden ebenfalls zuordnen, will er hingegen nichts zu tun haben. Dort sollen unter anderem Bilder des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan und auch Videos von PKK-nahen Veranstaltungen in Deutschland zu sehen sein.

Derzeit sitzen sieben deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen in der Türkei in Haft

1983 in Gaziantep in Südostanatolien geboren, besitzt Osman B. seit 2011 die deutsche Staatsbürgerschaft. Er lebt mit seiner Familie in Hessen und arbeitet als Lagerist. Aus der türkischen Staatsbürgerschaft wurde er 2012 entlassen. In der Bundespressekonferenz am Mittwoch wollte das Auswärtige Amt weder weitere Auskünfte zu seiner Person geben noch eine Bewertung der gegen ihn erhobenen Vorwürfen vornehmen.

Allerdings verwies Ministeriumssprecherin Adebahr auf die Reise- und Sicherheitshinweise für die Türkei, die das Auswärtige Amt mehrfach in der vergangenen Zeit verschärft hat – zuletzt im Frühjahr dieses Jahres. Darin heißt es, dass „weiterhin von einem erhöhten Festnahmerisiko auszugehen“ sei. Dabei erfolgten Festnahmen und Strafverfolgungen deutscher Staatsangehöriger „vielfach in Zusammenhang mit regierungskritischen Stellungnahmen in den sozialen Medien“. Ausreichend sei im Einzelfall das Teilen oder „Liken“ eines fremden Beitrags entsprechenden Inhalts.

Es müsse „davon ausgegangen werden, dass auch nichtöffentliche Kommentare in sozialen Medien etwa durch anonyme Denunziation an die türkischen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden“. Im Falle einer Verurteilung wegen „Präsidentenbeleidigung“ oder „Propaganda für eine terroristische Organisation“ riskierten Betroffene gegebenenfalls eine mehrjährige Haftstrafe. „Betroffen von den oben genannten Maßnahmen sind insbesondere, aber nicht ausschließlich deutsche Staatsangehörige mit engen privaten und persönlichen Bindungen in die Türkei sowie Personen, die neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzen“, warnt das Auswärtige Amt in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen.

Derzeit sitzen sieben deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen in der Türkei in Haft. In der ersten Hälfte dieses Jahres machten mehr als 1,8 Millionen Deutsche Urlaub in dem Land am Bosporus – über 15 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres.

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